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Chillon

Das Waadtländer Zeitalter

 

Rundgang durch Schloss Chillon (Auszug), Claire Huguenin, Fondation du Château de Chillon, 2008

 

1798 besetzten Waadtländer Patrioten aus Vevey und Montreux das Schloss – Widerstand wurde ihnen dabei nicht entgegengesetzt. Im Zuge der Waadtländer Revolution wurde das Schloss öffentliches Gut und ging 1803 an den damals gegründeten Kanton Waadt über.

 

Die aufkommende Romantik, die sich für das Mittelalter begeisterte, verhalf Chillon zu einem neuen Bild. Rousseau hatte bereits 1762 auf das Schloss aufmerksam gemacht, indem er einen Teil der Handlung der Nouvelle Héloïse dort ansiedelte und die Haft Bonivards erwähnte.

Eine eigentlich mythische Dimension nahm es aber erst mit Lord Byron und seinem berühmten Gedicht The Prisoner of Chillon von 1816 an, der auf den Spuren Rousseaus zum Schloss gepilgert war. Das Gedicht handelt von François Bonivard (1493–1570), Prior von Saint-Victor in Genf, der wegen seiner Savoyen-feindlichen Haltung in Chillon eingekerkert und dann von den Bernern befreit worden war. Durch die Überhöhung seiner Leiden während seiner Gefangenschaft machte ihn Lord Byron zu einem Symbol für Freiheit und das Gefängnis erhielt etwas beinahe Sakrales.

Das Schloss und die umliegende Landschaft entsprachen haargenau den ästhetischen Vorstellungen der Romantik: eine malerische Silhouette, altehrwürdige Mauern mit einer schauerlichen Geschichte und im Hintergrund die prächtige Bergwelt. Schriftsteller, Maler und Besucher waren gleichermassen fasziniert.

 

Die Waadtländer Behörden liess diese aufflammende Begeisterung allerdings kalt, und so funktionierten sie das Schloss 1836–1838 in ein Lager für Kriegsmaterial und schliesslich in ein Gefängnis um. Trotzdem kamen die Besucher in immer grösseren Scharen, wobei die Räume nur unter der Bewachung von Gendarmen besichtigt werden konnten, die behelfsmässig als Schlosswächter eingesetzt wurden, bis es offiziellere Führer gab. Diese liessen ihre Zuhörer gerne erschaudern und schmückten die von den Schriftstellern und Dichtern geschaffenen Bilder noch mit Liebesgeschichten und Dramen aus, wovon heute noch die Bezeichnung gewisser Säle zeugt.

 

 

 

 

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Uploaded on September 8, 2010
Taken on August 4, 2010