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Flying Dutchman

Dream of endless Space and Freedom

 

HKD

 

Die Feder aus dem Traum

 

In den frühen Morgenstunden sei er regelmäßig aufgestanden und am Rand der Klippen entlang gelaufen, bis die Ferien zu Ende waren.

„Es fällt mir schwer, jetzt hier im Zug zu sitzen und auf dem Weg zurück in den Alltag zu sein.“ Robert lächelte dennoch. „Aber es sind nur noch vier Jahre bis zu meiner Pensionierung. Dann werde ich mir ein Haus kaufen, unweit von dem, was ich im Sommer immer miete.“

Auf einem der letzten Spaziergänge habe er einen Wanderer getroffen, den er schon zuvor gesehen, aber noch nie gesprochen hätte. Er habe sich ihm langsam genähert, während der Mann mit Hut, dunkelgrüner Regenjacke und Regenschirm auf das Meer hinaussah. In angemessenem Abstand sei er hinter ihm stehen geblieben und die aufgehende Sonne und die Vögel gesehen.

„Ich hatte das gleiche Bild vor Augen, wie der Wanderer“, sagte Robert. „Die Möwen zogen kreischend vorbei, der Wind und das Meer rauschten monoton und plötzlich hatte ich wieder dieses Gefühl von Unendlichkeit.“

Und dann erzählte er mir einen Traum, den er kürzlich von der Klippe gehabt habe, und in diesem sei er an die Stelle des Mannes getreten und habe sich vorgestellt, eine Möwe zu sein. Genau das sei dann passiert. Er habe gespürt wie der Haut Federn entwuchsen, in Sekunden größer und größer wurden, bis er bemerkt habe, dass er ausgewachsen sei und fliegen könne.

„Ich startete ganz leicht. Ich brauchte nur die Schwingen zu öffnen und wurde vom Wind erfasst und getragen.“

Er beschrieb, wie das Gefühl von Freiheit und Seligkeit noch lange nach dem Erwachen in ihm vorherrschte und ihn mit tiefer Dankbarkeit erfüllte.

Das Gespräch mit dem Mann ein paar Tage zuvor sei wohl der Auslöser für den Traum gewesen, denn der habe ihm gesagt, dass er oft auf diesem Felsvorsprung stehe und sich vorstelle, wie Segelschiffe aus früheren Jahrhunderten vorüberschipperten, gefolgt von Möwen, die um Reste aus der Kombüse kämpften.

„Ich habe dann ein solches Schiff gesehen“, sagte Robert und schilderte, wie er die Flügel zu einem schnellen Flug hinab an den Körper zog und in wenigen Sekunden den Möwenschwarm erreichte. Er habe gesehen, wie sich die anderen auf die Reste stürzten und schaukelnd im Kielwasser schwammen.

Der Traum sei dann irgendwie gesprungen und er habe sich in seinem Bett liegend gefühlt.

„Ich wollte gar nicht aufwachen und bin einfach liegen geblieben. Als ich dann später zum letzten Mal vor meiner Abreise den Weg über die Klippen nahm, betrat ich den verwaisten Aussichtsplatz und fand diese Möwenfeder.“

Während er sprach, hatte er eine grauweiße Flügelfeder aus seiner Jackentasche gezogen und zeigte sie mir.

„Das kann doch kein Zufall sein“, sagte er. „Ich muss sie immer wieder ansehen. Es ist, als hätte ich sie aus meinem Traum mitgebracht.“

 

HKD

 

Digital art based on own photography and textures

 

HKD

 

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Uploaded on September 10, 2011
Taken on August 30, 2011