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Mauerwerks-Geschichte(n)

Bei den für die Außenwand verwendeten Mauerziegeln handelt es sich um Klinker im Oldenburger Format (220 x 105 x 52 mm) ...

Um ein möglichst ortstypisches Mauerwerk herzustellen, erfolgte der Brand in einem der letzten noch existierenden Ringöfen Deutschlands. Im Gegensatz zum heute üblichen Tunnelofen ist das Brennergebnis eines Hoffmanschen-Ringofens besonders durch den Unikatcharakter jedes einzelnen Ziegels geprägt. Zusätzlich wurden die eigentlich schon fertigen Steine dann in einem speziellen Verfahren, dem Dämpfen, einem zweiten Brand ausgesetzt.

 

Das Dämpfen von Mauerwerksziegeln ist eine Technik, die in der Barockzeit in Holland entwickelt wurde und die sich in der Benelux-Region, in Dänemark und am Niederrhein bis heute als Spezialanwendung gehalten hat. Ziel beim Dämpfen ist es, dem Ziegel ein anthrazitfarbiges Aussehen zu geben. Es handelt sich beim Dämpfen nicht um eine Oberflächenbearbeitung, sondern um einen chemischen Veränderungsprozess, der den ganzen Ziegel bis in den Kern erfasst. Beim zusätzlichen Brand wird ein Kammerofen, nachdem er mit den Ziegeln beschickt wurde, komplett abgedichtet, sodass sie nur mittels des vorhandenen Sauerstoffs im Ofen selber brennen. Sie „schmoren“ im eigenen Dampf.

 

Die Klinker für die Kirche am Meer verblieben vier Tage im Kammerofen bei circa 1.000° C Brenntemperatur. Gegen Ende des Brennvorgangs wurde von außen zusätzlich Kohle in den Brennraum geschüttet, um die Temperatur erneut hochzufahren, sodass der Restsauerstoff komplett verbraucht wurde. Der Sauerstoffhunger des Feuers im Brennraum führt dazu, dass dem Tonmaterial die Oxidanteile entzogen werden. Normalerweise oxidiert ein Ziegel bei ausreichender Sauerstoffversorgung des Brennraumes und enthält so seine typische rot-braune Farbe. Bei der stark kohlestoffhaltigen Brennatmosphäre während des Dämpfens kommt es nicht zu diesem Oxidationsprozess, sondern zu einem Reduktionsprozess, bei dem die Umwandlung des Eisenoxids zu Eisenoxidul die angestrebte Anthrazitfarbigkeit erzeugt.

 

Die Oberfläche des hier verwendeten, gedämpften Klinkers changiert zwischen matter Bleifarbigkeit, ölig schimmernden Grün- und Blauanteilen, Salzverkrustungen, Bronzetönen und glänzenden Schwarztönen. Die eingeschüttete Kohle hinterlässt ebenfalls Spuren auf der Ziegeloberfläche. Diese sind mehr oder weniger deutlich, je nachdem wie nah der Stein an der Schüttöffnung gelegen hat.

 

Das Klinkermaterial für die Kirche am Meer wurde bereits in gemischter Sortierung auf Paletten angeliefert. Dennoch achteten die Handwerker beim Vermauern zusätzlich auf einen Wechsel von Kopf- und Fußseiten und drehten jeden einzelnen Stein mit seiner schönsten Seite nach außen. Einige Klinker wurden wegen Deformierungen und anderen Besonderheiten werksseitig aussortiert, jedoch als gewünschte Unikate im laufenden Vermauern wieder verstreut eingefügt, um die Lebendigkeit des Mauerwerks zu steigern.

 

Quelle: Ulrich Königs (Königs Architekten, Köln)

 

 

Wie viel Ideen, Know-how und Arbeit in so einem Gebäude stecken...

 

 

Und was man für eine ruhige Hand haben muss, um so ein Bild nicht allzu verzerrt aufzunehmen.

Durch den Sucher der Kamera zu fokussieren, ist mir ein Leichteres ... ;-)))

 

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Uploaded on January 24, 2024
Taken on October 21, 2023