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So komm, geliebte Todesstund

Photo: Grabmäler auf dem Nordfriedhof in Wiesbaden im Herbst

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So komm, geliebte Todesstund

 

1.) So komm, geliebte Todesstund,

Komm, Ausgang meiner Leiden!

Ich seufz aus diesem Sündengrund

Nach jenen Himmelsfreuden.

Ach, liebster Tod, komm bald heran,

Ich warte mit Verlangen,

In weißen Kleidern angetan

Vor Gottes Thron zu prangen.

 

2.) Ihr schwachen Glieder scheuet zwar

So früh entseelt zu werden.

Die Seele selbsten kann nicht gar

Ohn' alle Pein der Erden,

Darinnen sie bisher gelebt,

Den letzten Abschied sagen,

Bald ist sie vieler Freuden voll,

Bald schwebt sie voller Zagen.

 

3.) Doch, Jesu, deine Liebe macht

Mir alle Furcht verschwinden.

Ich werd in dieser Todesnacht

Dich, Lebens-Fürsten finden.

Ich finde, ja ich halte dich,

Mein Leben, mein Verlangen.

Mein Leben, du wirst selbsten mich

Mit deinem Licht umfangen.

 

4.) Drum sterb ich nicht in diesem Tod,

Der Tod ist nur mein Leben.

Nach kurzem Kampf, nach kurzer Not

Ist dort ein ewig' Schweben,

Voll Herrlichkeit, voll Ruh' und Freud',

Voll Fried', voll Trost, voll Wonne,

Voll Seligkeit, wo allezeit

Gott selbsten ist die Sonne.

 

5.) Der Herzog meines Lebens ist

Durch Tod zum Leben gangen.

Und ich werd' auch zu meinem Christ

Auf diesem Weg gelangen.

Der letzte Schritt zur Seligkeit

Geschieht durch selig' Sterben.

Ist Er, mein Haupt, in Herrlichkeit,

Wie soll sein Glied verderben?

 

6.) Drum zage nicht, mein schwacher Sinn,

Verlass den Leib der Erden.

Wirf alles Eitle willig hin!

Die Erd' muss Erde werden.

Die Seele bleibt in Gottes Hand,

Bei solchem Wohlvergnügen,

Das nur der Geist und kein Verstand

Anjetzt begreifen möge.

 

7.) Auch wird die schöne Freudenzeit

Am End' der Zeit entdecken,

Dass Gott der Seelen vorig' Kleid

Auch aus dem Staub erwecken

Und ewig herrlich machen kann.

Da wird sein volle Wonne,

Wenn wir mit Klarheit angetan

Dort leuchten wie die Sonne.

 

8.) An uns stirbt nichts als Sterblichkeit,

Wir selbst sind unverloren.

Der Leib wird nur der Last befreit,

Und himmlisch neu geboren.

Denn was man hier verweslich sät,

Was hier verderbt im Dunkeln,

Das wird, sobald es aufersteht,

Voll Glanz und Schönheit funkeln.

 

9.) Drum gebt, ihr schwachen Glieder, ihr

Euch willig hin der Erden.

Es wird von eurer Zahl und Zier

Ja nichts verloren werden.

Die Haut, die vormals euch bedeckt,

Wird dort mich wieder kleiden,

Wenn ich in meinem Fleisch erweckt

Beschaue Gottes Freuden.

 

10.) Dem ich im Glauben hier gedient,

Der wird mich dorthin bringen,

Wo Tausend, Tausend vor ihm sind,

Und ewig 'Heilig' singen.

Da werd' ich seine Herrlichkeit

Mit meinen Augen sehen,

Und was in Zeit und Ewigkeit

Von ihm mir Guts geschehen.

 

11.) Gott selbst mit seinem Angesicht

Wird ewig mich erquicken.

So werd' ich auch in seinem Licht

Mir selbsten ihn erblicken.

O Herrlichkeit! Wie find ich mich,

Wenn engelreine Seelen

Mit sonnenklaren Leibern sich

Vor Gottes Stuhl vermählen?

 

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Autor: Sophie Elisabeth von Sachsen-Zeitz

ggf. unter Mitwirkung von Philipp Jakob Spener

Melodie: Was mein Gott will, das gescheh allzeit

oder: Ein Lämmlein geht und trägt die Schuld

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Neuvermehrtes und wohleingerichtetes Naumburgisches Gesang-Buch

Darinnen die erbaulichen Lieder Lutheri,

Gerhardi und anderer geistreicher Männer

[von Joh. Martinus Schamelius]

Druck und Verlag Balthasar Bossögel

Naumburg 1735

Liednummer 731

Thema: Tod und Ewigkeit

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Uploaded on October 27, 2019
Taken on November 1, 2015