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Gott, der du selber bist das Licht

Photo: Platanen am Luisenplatz, Wiesbaden

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Christliches Morgenlied

sich dem Schutze des Allerhöhsten zu befehlen

 

1.) Gott, der du selber bist das Licht,

Des Güt' und Treue stirbet nicht,

Dir sei jetzt Lob gesungen,

Nach dem durch deine große Macht

Der helle Tag die finstre Nacht

So kräftig hat verdrungen

Und deine Gnad' und Wundertat

Mich, da ich schlief, erhalten hat.

 

2.) Lass' ferner mich in deinem Schutz,

O Vater, für des Satans Trutz

Mit Freuden auferstehen,

Damit ich diesen ganzen Tag

Dich ja mit meinem Nutzen mag

Im Glauben fröhlich sehen.

Vor allem sei du selber mir

Das Licht des Lebens für und für.

 

3.) Des Glaubens Licht in mir bewahr,

Ach stärk und mehr' es immerdar,

Erwecke Treu' und Liebe,

Die Hoffnung mach in Nöten fest.

Hilf, dass ich mich aufs allerbest

Auch in der Demut übe,

Dass deine Furcht stets vor mir steh

Und ich auf gutem Wege geh.

 

4.) Herr, halte meinen Gang gewiss,

Treib aus von mir die Finsternis

Und Bosheit meines Herzen.

Behüte mich den ganzen Tag

Vor Aberglauben, Zorn und Plag,

Auch vor verbotnem Scherzen.

Bewahre mich vor stolzer Pracht

Und allem, was mich lästern macht.

 

5.) Gib, dass ich dir gehorsam sei

Und mich für Zank und Hader scheu,

Auf dass der Sonnen Strahlen

Mich diesen Tag nicht zornig sehn

Und nachmals traurig untergehn.

Ach lass mich nicht bezahlen

Dem Nächsten seine Bittrigkeit

Mit Feindschaft, Hassen, Grimm und Neid.

 

6.) Vor Unzucht und für böser Lust,

Vor Kargheit und des Geizes Wust

Behüte mich in Gnaden.

Gib, dass die Falschheit dieser Zeit

Zusammt der Ungerechtigkeit

Mein Herz ja nicht beladen.

Ach dass dein heilig's Angesicht

Doch solche Sünd' erblickte nicht!

 

7.) O treuer Gott, erweck in mir

Nur einen Hunger stets nach dir,

Dass mich die Welt verliere.

Auch lehre mich, du starker Held,

Zu tun allein, was dir gefällt.

Dein guter Geist mich führe,

Damit ich außer bösem Wahn

Stets wandeln mög auf ebner Bahn.

 

8.) Befiehl auch deiner Engel Schar,

Dass sie mein Leben vor Gefahr

Den ganzen Tag beschützen

Und auf den Händen tragen mich,

Dass nicht der Satan grausamlich

Mich könn' allhier beschmutzen.

So werd' ich gegen Löwen stehn

Und unverzagt auf Drachen gehn. (a)

 

9.) So nimm von mir, o Vater, hin

Mein Herz, Gedanken, Mut und Sinn,

Dass ich dir ganz vertraue.

Behüt' auch, du getreuer Hort,

Mein Trachten, Reden, Werk und Wort,

Dass es nur stetig schaue

Auf deines teuren Namens Ehr,

Auch meines Nächsten Nutz vermehr.

 

10.) Herr Jesu Christe, lass allein

Mich Armen ein Gefäße sein

Und Werkzeug deiner Gnaden.

Richt all mein Tun, Beruf und Stand,

Halt über mir dein' Hilf und Hand,

So kann mir niemand schaden.

Du wollest auch ja gnädiglich

Vor den Verleumdern schützen mich.

 

11.) Mit Herz und Mund ich dir befehl,

Herr Jesu, meinen Leib und Seel',

Auch Ehr' und Gut daneben.

Wenn ich nun sitze, geh und steh,

Alsdann so schaffe, dass ich seh,

Herr, über mir dich schweben.

Gib ja, dass deine Gnadenhand

Sei nimmer von mir abgewandt.

 

12.) Vor bösen Pfeilen, die bei Tag

Auf Erden bringen große Plag,

Als vor des Todes Seuche,

Vor Pestilenz behüte mich,

Damit sie nicht so grausamlich

Bei Nacht herum hier schleiche.

Bewahr uns auch für Kriegesnot,

Wend ab den bösen, schnellen Tod.

 

13.) Gib, lieber Herr, zu dieser Frist,

So viel zum Leben nötig ist,

Doch nur nach deinem Willen.

Wenn du die Speis' und Nahrung hie

Mit Gnaden segnest spät und früh,

Kannst du uns reichlich füllen:

Doch, dass man deine milde Gab'

Auch nicht zu einem Missbrauch hab.

 

14.) Allein zu dir hab' ich gesetzt

Mein Herz, o Vater, gib zuletzt

Auch mir ein selig's Ende,

Auf dass ich deinen Jüngsten Tag

Mit großer Freud' erwarten mag,

Drauf streck ich aus die Hände:

Ach komm, Herr Jesu, komm, mein Ruhm,

Und nimm mich in dein Eigentum.

 

(a) mich vor keiner Gefahr fürchten

 

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Text: Johann Rist

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gefunden in:

A. Fischer / W. Tümpel:

Das deutsche evangelische Kirchenlied des 17. Jahrhunderts,

Band 2, Hildesheim 1964.

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Der Text wurde von mir behutsam, soweit

es die Strophenform und der Endreim zu-

ließen, in heutiges Hochdeutsch übertragen

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Johann Rist (* 8. März 1607 in Ottensen (heute Stadtteil von Hamburg); † 31. August 1667 in Wedel (Holstein)) war ein deutscher Dichter, Kirchenlieddichter und evangelisch-lutherischer Prediger.

Rist war der Sohn des aus Nördlingen stammenden evangelischen Pastors in Ottensen Caspar Rist und seiner Ehefrau Margarethe Ringemuth. Nach erstem Unterricht durch den Vater besuchte Rist das Johanneum in Hamburg; später dann das Gymnasium in Bremen.

An der Universität Rinteln studierte Rist Theologie u.a. bei Johannes Gisenius und Josua Stegmann. Um 1626 wechselte er an die Universität Rostock. Nach dem Studium ging Rist nach Hamburg zu seinem Rostocker Kommilitonen Ernst Stapel. Mit diesem schrieb und publizierte er Theaterstücke und trat auch selbst als Darsteller auf.

1633 wurde Rist Hauslehrer beim Landschreiber Heinrich Sager in Heide. Im gleichen Jahr verlobte er sich mit Elisabeth Stapel, der Schwester des früh verstorbenen Freundes Ernst Stapel und des Pinneberger Amtmanns Franz Stapel. Durch Hilfe des letzteren wurde er im Frühjahr 1635 zum Pastor im damals dänischen Wedel an der Unterelbe nahe Hamburg berufen. Kurz nach seinem Amtsantritt heiratete Rist seine Verlobte. Aus der Ehe gingen fünf Kinder hervor, von denen zwei früh verstarben.

Beim Einfall der Schweden unter General Lennart Torstensson im Torstenssonkrieg, während des Dreißigjährigen Krieges, verlor Rist durch Plünderungen seine wertvolle Bibliothek. Im Zweiten Nordischen Krieg verlor Rist 1658 noch einmal alles Hab und Gut und musste mit seiner Familie nach Hamburg flüchten. Nachdem 1662 seine Frau Elisabeth gestorben war, heiratete Rist zwei Jahre später Anna Hagedorn, geb. Badenhop, die Witwe seines 1660 verstorbenen Freundes Johann Philipp Hagedorn; sie starb 1680.

Ab 1663 veröffentlichte Rist in lockerer Folge sechs Monatsgespräche, Dialoge über jeweils ein spezielles Thema: Januar – die Tinte; Februar – das Landleben, März – der Stein der Weisen, April – die Malerei, Mai – Lese- und Schreibkunst, Juni – die Todesbetrachtung. Nach Rists Tod wurden die restlichen sechs Monatsgespräche durch Erasmus Finx ergänzt. Johann Rist starb hochgeachtet am 31. August 1667 im Alter von 60 Jahren in Wedel.

Johann Rist gilt neben Paul Gerhardt als der bedeutendste protestantische geistliche Dichter des 17. Jahrhunderts.

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Johann von Rist (1607-1667) was a German poet and dramatist best known for the hymns he wrote. He was born at Ottensen in Holstein (today Hamburg) on 8 March 1607; the son of the Lutheran pastor of that place, Caspar Rist. He received his early training at the Johanneum in Hamburg and the Gymnasium Illustre in Bremen; he then studied theology at the University of Rinteln. Under the influence of Josua Stegman there, his interest in hymn writing began. On leaving Rinteln, he tutored the sons of a Hamburg merchant, accompanying them to the University of Rostock, where he himself studied Hebrew, mathematics, and medicine. During his time at Rostock, the Thirty Years War almost emptied the University, and Rist himself lay there for several weeks, suffering from pestilence.

In 1633 he became tutor in the house of Landschreiber Heinrich Sager at Heide, in Holstein. Two years later (1635) he was appointed pastor of the village of Wedel on the Elbe. The same year he married Elisabeth Stapel, sister of Franz Stapel, bailiff of nearby Pinneberg. They had 5 children, of whom 2 died early; Elisabeth died 1662. In 1664 he married Anna Hagedorn, born Badenhop, widow of his friend Phillipp Hagedorn. He died in Wedel on 31 August 1667.

Rist first made his name known to the literary world by a drama, Perseus (1634), which he wrote while at Heide, and in the next succeeding years he produced a number of dramatic works of which the allegory Das friedewünschende Teutschland (1647) and Das friedejauchzende Teutschland (1653) (new ed. of both by H. M. Schletterer, 1864) are the most interesting. Rist soon became the central figure in a school of minor poets. The emperor Ferdinand III crowned him laureate in 1644, ennobled him in 1653, and invested him with the dignity of a Count Palatine, an honor which enabled him to crown, and to gain numerous poets for the Elbschwanen order ("Elbe Swan Order"), a literary and poetical society which he founded in 1660. He had already, in 1645, been admitted, under the name Daphnis aus Cimbrien, to the literary order of Pegnitz, and in 1647 he became, as Der Rüstige, a member of the Fruchtbringende Gesellschaft ("Fruitbearing Society").

 

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Uploaded on April 25, 2010
Taken on April 23, 2010