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Bleiches Antlitz, sei gegrüßet.
Kreuz an der evangelischen Stiftskirche, Hauptkirche von Bretten
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Bleiches Antlitz, sei gegrüßet
Die Siebende und Letzte Andacht
An das heilige Antlitz seines allerliebsten Herren Jesu
1.) Bleiches Antlitz, sei gegrüßet.
Ach es fließet
Heißes Blut die Wangen ab,
Welche Schmerzen Gottes Sohne
Seine Krone
Ganz voll scharfer Dornen gab!
2.) Ach! Wie ist sein Haupt zerschlagen!
Es muss tragen
Der verfluchten Speichel Kot:
Der ein König ist geboren,
Hat verloren
Allen Pracht in dieser Not.
3.) Der so lieblich pflag (a) zu blühen,
Den bemühen
Schläge, Peitschen, Schmach und Pein:
Hier ist nichts als Haut und Knochen
Unzerbrochen,
Welch' ein Bild des Todes sein.
4.) Jesu, der du so geschlachtet
Und verachtet
Wegen meiner Sünde bist,
Du kannst durch ein freundlichs Blicken
Mich erquicken,
Wenn mich Sorg' und Kummer frisst.
5.) Herr, du wollest durch dein Leiden
Stets mich weiden
Als ein Schäflein deiner Herd'.
Hast du doch aus deinem Munde
Manche Stunde
Milch und Honig mir beschert.
6.) Ach du wollest nicht verschmähen
Dies mein Flehen,
Weil die Stunde kommt heran,
Da du willst die Welt verlassen.
Ich muss fassen
Dich, so lang' ich seufzen kann.
7.) Lass dein Haupt zu mir sich neigen,
Anzuzeigen
Deiner Liebe Trefflichkeit.
Lass mich unterm Kreuze sterben,
Lass mich erben
Gottes Reich nach dieser Zeit.
8.) Ewig's Loben müss' erklingen
Durch mein Singen
Dir, o Jesu, Gottes Sohn.
Gönne mir, was ich gebeten,
Lass mich treten
Unverzagt vor deinen Thron.
9.) Lass mich aus der Welt doch scheiden,
Herr, mit Freuden,
Lass mich ja den Tod nicht sehn:
Lass mich seine Macht nicht schmecken
Noch erschrecken,
Wenn ich soll von hinnen gehn.
10.) Jesu, du stehst mir zur Seiten,
Zu begleiten
Meine Seel' in Gottes Hand.
O wie werd' ich vor dir Singen,
Klingen, Springen
Dort im rechten Vaterland'.
(a) pflegte
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Text: Johann Rist
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gefunden in:
A. Fischer / W. Tümpel:
Das deutsche evangelische Kirchenlied des 17. Jahrhunderts,
Band 2, Hildesheim 1964.
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Der Text wurde von mir behutsam, soweit
es die Strophenform und der Endreim zu-
ließen, in heutiges Hochdeutsch übertragen
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Johann Rist (* 8. März 1607 in Ottensen (heute Stadtteil von Hamburg); † 31. August 1667 in Wedel (Holstein)) war ein deutscher Dichter, Kirchenlieddichter und evangelisch-lutherischer Prediger.
Rist war der Sohn des aus Nördlingen stammenden evangelischen Pastors in Ottensen Caspar Rist und seiner Ehefrau Margarethe Ringemuth. Nach erstem Unterricht durch den Vater besuchte Rist das Johanneum in Hamburg; später dann das Gymnasium in Bremen.
An der Universität Rinteln studierte Rist Theologie u.a. bei Johannes Gisenius und Josua Stegmann. Um 1626 wechselte er an die Universität Rostock. Nach dem Studium ging Rist nach Hamburg zu seinem Rostocker Kommilitonen Ernst Stapel. Mit diesem schrieb und publizierte er Theaterstücke und trat auch selbst als Darsteller auf.
1633 wurde Rist Hauslehrer beim Landschreiber Heinrich Sager in Heide. Im gleichen Jahr verlobte er sich mit Elisabeth Stapel, der Schwester des früh verstorbenen Freundes Ernst Stapel und des Pinneberger Amtmanns Franz Stapel. Durch Hilfe des letzteren wurde er im Frühjahr 1635 zum Pastor im damals dänischen Wedel an der Unterelbe nahe Hamburg berufen. Kurz nach seinem Amtsantritt heiratete Rist seine Verlobte. Aus der Ehe gingen fünf Kinder hervor, von denen zwei früh verstarben.
Beim Einfall der Schweden unter General Lennart Torstensson im Torstenssonkrieg, während des Dreißigjährigen Krieges, verlor Rist durch Plünderungen seine wertvolle Bibliothek. Im Zweiten Nordischen Krieg verlor Rist 1658 noch einmal alles Hab und Gut und musste mit seiner Familie nach Hamburg flüchten. Nachdem 1662 seine Frau Elisabeth gestorben war, heiratete Rist zwei Jahre später Anna Hagedorn, geb. Badenhop, die Witwe seines 1660 verstorbenen Freundes Johann Philipp Hagedorn; sie starb 1680.
Ab 1663 veröffentlichte Rist in lockerer Folge sechs Monatsgespräche, Dialoge über jeweils ein spezielles Thema: Januar – die Tinte; Februar – das Landleben, März – der Stein der Weisen, April – die Malerei, Mai – Lese- und Schreibkunst, Juni – die Todesbetrachtung. Nach Rists Tod wurden die restlichen sechs Monatsgespräche durch Erasmus Finx ergänzt. Johann Rist starb hochgeachtet am 31. August 1667 im Alter von 60 Jahren in Wedel.
Johann Rist gilt neben Paul Gerhardt als der bedeutendste protestantische geistliche Dichter des 17. Jahrhunderts.
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Johann von Rist (1607-1667) was a German poet and dramatist best known for the hymns he wrote. He was born at Ottensen in Holstein (today Hamburg) on 8 March 1607; the son of the Lutheran pastor of that place, Caspar Rist. He received his early training at the Johanneum in Hamburg and the Gymnasium Illustre in Bremen; he then studied theology at the University of Rinteln. Under the influence of Josua Stegman there, his interest in hymn writing began. On leaving Rinteln, he tutored the sons of a Hamburg merchant, accompanying them to the University of Rostock, where he himself studied Hebrew, mathematics, and medicine. During his time at Rostock, the Thirty Years War almost emptied the University, and Rist himself lay there for several weeks, suffering from pestilence.
In 1633 he became tutor in the house of Landschreiber Heinrich Sager at Heide, in Holstein. Two years later (1635) he was appointed pastor of the village of Wedel on the Elbe. The same year he married Elisabeth Stapel, sister of Franz Stapel, bailiff of nearby Pinneberg. They had 5 children, of whom 2 died early; Elisabeth died 1662. In 1664 he married Anna Hagedorn, born Badenhop, widow of his friend Phillipp Hagedorn. He died in Wedel on 31 August 1667.
Rist first made his name known to the literary world by a drama, Perseus (1634), which he wrote while at Heide, and in the next succeeding years he produced a number of dramatic works of which the allegory Das friedewünschende Teutschland (1647) and Das friedejauchzende Teutschland (1653) (new ed. of both by H. M. Schletterer, 1864) are the most interesting. Rist soon became the central figure in a school of minor poets. The emperor Ferdinand III crowned him laureate in 1644, ennobled him in 1653, and invested him with the dignity of a Count Palatine, an honor which enabled him to crown, and to gain numerous poets for the Elbschwanen order ("Elbe Swan Order"), a literary and poetical society which he founded in 1660. He had already, in 1645, been admitted, under the name Daphnis aus Cimbrien, to the literary order of Pegnitz, and in 1647 he became, as Der Rüstige, a member of the Fruchtbringende Gesellschaft ("Fruitbearing Society").
Bleiches Antlitz, sei gegrüßet.
Kreuz an der evangelischen Stiftskirche, Hauptkirche von Bretten
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Bleiches Antlitz, sei gegrüßet
Die Siebende und Letzte Andacht
An das heilige Antlitz seines allerliebsten Herren Jesu
1.) Bleiches Antlitz, sei gegrüßet.
Ach es fließet
Heißes Blut die Wangen ab,
Welche Schmerzen Gottes Sohne
Seine Krone
Ganz voll scharfer Dornen gab!
2.) Ach! Wie ist sein Haupt zerschlagen!
Es muss tragen
Der verfluchten Speichel Kot:
Der ein König ist geboren,
Hat verloren
Allen Pracht in dieser Not.
3.) Der so lieblich pflag (a) zu blühen,
Den bemühen
Schläge, Peitschen, Schmach und Pein:
Hier ist nichts als Haut und Knochen
Unzerbrochen,
Welch' ein Bild des Todes sein.
4.) Jesu, der du so geschlachtet
Und verachtet
Wegen meiner Sünde bist,
Du kannst durch ein freundlichs Blicken
Mich erquicken,
Wenn mich Sorg' und Kummer frisst.
5.) Herr, du wollest durch dein Leiden
Stets mich weiden
Als ein Schäflein deiner Herd'.
Hast du doch aus deinem Munde
Manche Stunde
Milch und Honig mir beschert.
6.) Ach du wollest nicht verschmähen
Dies mein Flehen,
Weil die Stunde kommt heran,
Da du willst die Welt verlassen.
Ich muss fassen
Dich, so lang' ich seufzen kann.
7.) Lass dein Haupt zu mir sich neigen,
Anzuzeigen
Deiner Liebe Trefflichkeit.
Lass mich unterm Kreuze sterben,
Lass mich erben
Gottes Reich nach dieser Zeit.
8.) Ewig's Loben müss' erklingen
Durch mein Singen
Dir, o Jesu, Gottes Sohn.
Gönne mir, was ich gebeten,
Lass mich treten
Unverzagt vor deinen Thron.
9.) Lass mich aus der Welt doch scheiden,
Herr, mit Freuden,
Lass mich ja den Tod nicht sehn:
Lass mich seine Macht nicht schmecken
Noch erschrecken,
Wenn ich soll von hinnen gehn.
10.) Jesu, du stehst mir zur Seiten,
Zu begleiten
Meine Seel' in Gottes Hand.
O wie werd' ich vor dir Singen,
Klingen, Springen
Dort im rechten Vaterland'.
(a) pflegte
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Text: Johann Rist
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A. Fischer / W. Tümpel:
Das deutsche evangelische Kirchenlied des 17. Jahrhunderts,
Band 2, Hildesheim 1964.
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Der Text wurde von mir behutsam, soweit
es die Strophenform und der Endreim zu-
ließen, in heutiges Hochdeutsch übertragen
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Johann Rist (* 8. März 1607 in Ottensen (heute Stadtteil von Hamburg); † 31. August 1667 in Wedel (Holstein)) war ein deutscher Dichter, Kirchenlieddichter und evangelisch-lutherischer Prediger.
Rist war der Sohn des aus Nördlingen stammenden evangelischen Pastors in Ottensen Caspar Rist und seiner Ehefrau Margarethe Ringemuth. Nach erstem Unterricht durch den Vater besuchte Rist das Johanneum in Hamburg; später dann das Gymnasium in Bremen.
An der Universität Rinteln studierte Rist Theologie u.a. bei Johannes Gisenius und Josua Stegmann. Um 1626 wechselte er an die Universität Rostock. Nach dem Studium ging Rist nach Hamburg zu seinem Rostocker Kommilitonen Ernst Stapel. Mit diesem schrieb und publizierte er Theaterstücke und trat auch selbst als Darsteller auf.
1633 wurde Rist Hauslehrer beim Landschreiber Heinrich Sager in Heide. Im gleichen Jahr verlobte er sich mit Elisabeth Stapel, der Schwester des früh verstorbenen Freundes Ernst Stapel und des Pinneberger Amtmanns Franz Stapel. Durch Hilfe des letzteren wurde er im Frühjahr 1635 zum Pastor im damals dänischen Wedel an der Unterelbe nahe Hamburg berufen. Kurz nach seinem Amtsantritt heiratete Rist seine Verlobte. Aus der Ehe gingen fünf Kinder hervor, von denen zwei früh verstarben.
Beim Einfall der Schweden unter General Lennart Torstensson im Torstenssonkrieg, während des Dreißigjährigen Krieges, verlor Rist durch Plünderungen seine wertvolle Bibliothek. Im Zweiten Nordischen Krieg verlor Rist 1658 noch einmal alles Hab und Gut und musste mit seiner Familie nach Hamburg flüchten. Nachdem 1662 seine Frau Elisabeth gestorben war, heiratete Rist zwei Jahre später Anna Hagedorn, geb. Badenhop, die Witwe seines 1660 verstorbenen Freundes Johann Philipp Hagedorn; sie starb 1680.
Ab 1663 veröffentlichte Rist in lockerer Folge sechs Monatsgespräche, Dialoge über jeweils ein spezielles Thema: Januar – die Tinte; Februar – das Landleben, März – der Stein der Weisen, April – die Malerei, Mai – Lese- und Schreibkunst, Juni – die Todesbetrachtung. Nach Rists Tod wurden die restlichen sechs Monatsgespräche durch Erasmus Finx ergänzt. Johann Rist starb hochgeachtet am 31. August 1667 im Alter von 60 Jahren in Wedel.
Johann Rist gilt neben Paul Gerhardt als der bedeutendste protestantische geistliche Dichter des 17. Jahrhunderts.
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Johann von Rist (1607-1667) was a German poet and dramatist best known for the hymns he wrote. He was born at Ottensen in Holstein (today Hamburg) on 8 March 1607; the son of the Lutheran pastor of that place, Caspar Rist. He received his early training at the Johanneum in Hamburg and the Gymnasium Illustre in Bremen; he then studied theology at the University of Rinteln. Under the influence of Josua Stegman there, his interest in hymn writing began. On leaving Rinteln, he tutored the sons of a Hamburg merchant, accompanying them to the University of Rostock, where he himself studied Hebrew, mathematics, and medicine. During his time at Rostock, the Thirty Years War almost emptied the University, and Rist himself lay there for several weeks, suffering from pestilence.
In 1633 he became tutor in the house of Landschreiber Heinrich Sager at Heide, in Holstein. Two years later (1635) he was appointed pastor of the village of Wedel on the Elbe. The same year he married Elisabeth Stapel, sister of Franz Stapel, bailiff of nearby Pinneberg. They had 5 children, of whom 2 died early; Elisabeth died 1662. In 1664 he married Anna Hagedorn, born Badenhop, widow of his friend Phillipp Hagedorn. He died in Wedel on 31 August 1667.
Rist first made his name known to the literary world by a drama, Perseus (1634), which he wrote while at Heide, and in the next succeeding years he produced a number of dramatic works of which the allegory Das friedewünschende Teutschland (1647) and Das friedejauchzende Teutschland (1653) (new ed. of both by H. M. Schletterer, 1864) are the most interesting. Rist soon became the central figure in a school of minor poets. The emperor Ferdinand III crowned him laureate in 1644, ennobled him in 1653, and invested him with the dignity of a Count Palatine, an honor which enabled him to crown, and to gain numerous poets for the Elbschwanen order ("Elbe Swan Order"), a literary and poetical society which he founded in 1660. He had already, in 1645, been admitted, under the name Daphnis aus Cimbrien, to the literary order of Pegnitz, and in 1647 he became, as Der Rüstige, a member of the Fruchtbringende Gesellschaft ("Fruitbearing Society").