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Es halten eitele Gemüter

Es halten eitele Gemüter

 

1.) Es halten eitele Gemüter

Die Erde für ihr Vaterland.

Wer aber Jesum hat erkannt

Und die wahrhaften Himmelsgüter,

Der sieht den ganzen Kreis der Erden

Für eine fremde Hütte an,

Und sehnet sich, erlöst zu werden

Von dieser rauen Pilgerbahn.

 

2.) Ein Herz, das Christo ist verbunden,

Weiß, dass es hier das Elend bau

Und nichts als wilde Wüste schau.

Drum zählet es auch alle Stunden

Und denkt stets auf das End' der Reise,

Die uns ins Vaterland versetzt,

Denn es wird wohl auf keine Weise

Durch das Vergängliche ergötzt.

 

3.) Kein Fuß kann so dem Meer zulaufen.

Kein Stein eilt so der Tiefen zu.

Als wie ein Christ zur Himmelsruh'

Hinweg eilt von dem Erdenhaufen.

Ob seine Füß' die Welt berühren,

So ist das Haupt doch in der Höh',

Er sucht den Wandel so zu führen,

Dass Herz und Sinn im Himmel steh.

 

4.) Dies Heimweh gottverlobter Herzen

Vermehrt sich bei der Kreuzeslast,

Man findt auf Erden keine Rast

Bei Seelen- oder Leibesschmerzen.

Wenn sich die Trübsalsflut ergießet,

So wird der engen Brust ganz bang,

Bis dass die Lebenszeit verfließet:

Ach Gott, heißt es, wie lang? Wie lang?

 

5.) Da hat ein Paulus Lust zu scheiden,

Ein Abraham ist lebenssatt.

Ein Hiob wird ganz müd' und matt,

Vor langem Sehnen, in dem Leiden.

Elias wünscht bei seinem Wandern,

Zu schließen den betrübten Lauf.

Von einem Morgen bis zum andern

Sieht David nach der Hilfe auf.

 

6.) Doch ist dies Eilen zu dem Himmel

Gemäßigt mit Gelassenheit,

Man wartet auf die rechte Zeit,

Die, zur Erlösung vom Getümmel,

Des Allerhöchsten Rat beliebet.

Man setzt Gott weder Maß noch Ziel,

Und wird das Herz gleich lang betrübet,

So ist es ihm doch nie zu viel.

 

7.) Sollt sich's auch noch so sehr verweilen,

Bis man ein End' zu sehn vermeint

Und bis die frohe Hilf' erscheint.

So wird doch Gott gewisslich eilen,

Die Seinen mächtig zu erretten,

Die Tag und Nacht so zu ihm schrein

Und nach zerbrochenen Jammerketten

Wird er ihr Arzt und Helfer sein.

 

8.) Der Herr, der über Tod und Leben

Die unumschränkte Herrschaft hat,

Wird seinen Kindern nie zu spät

Die lang verlangte Freiheit gehen,

Ein seligs End' muss alles wenden,

Was anfangs unerträglich war,

Und Gott reicht selbst mit seinen Händen

Den Lohn für allen Jammer dar.

 

9.) Wir, die wir auf der Erden wallen,

Verlangen, dass, zu rechter Zeit,

Auch unser Abschied aus dem Streit

Dem frommen Gott mög' wohlgefallen.

Du, Jesu, wollst uns Gnad' verleihen,

Dass wir dazu bereitet stehn,

Und uns auch so der Welt verzeihen,

Damit wir so gen Himmel gehn.

 

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Autor: Bernhard Walther Marperger

Melodie: Wo ist der Schönste, den ich liebe

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Johann Anastatasii Freylinghausen

Geistreiches Gesang=Buch.

den Kern alter und neuer Lieder in sich haltend

Herausgegeben von Gotthilf August Francke

gedruckt in Halle, 1741

Im Verlag des Waisenhauses

Liednummer 1366

Thema: Nachfolge, Kirche und Mission

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Bernhard Walther Marperger (* 14. Mai 1682 in Hamburg; † 28. März 1746 in Dresden) war ein deutscher lutherischer Theologe und Kirchenlieddichter.

Er wurde als Sohn des Paul Jacob Marperger aus Nürnberg und seiner Frau Sara, geboren und besuchte das Gymnasium St. Ägiden in Nürnberg. Dort wurde er umfangreich ausgebildet und immatrikulierte sich 1699 an der Universität Altdorf. Gefördert von den Professoren Johann Christoph Wagenseil und Johann Christoph Sturm, erwarb er sich 1702 den akademischen Grad eines Magisters und unternahm im Anschluss daran eine Bildungsreise nach Jena, Wittenberg, Berlin und Halle.

Während seines zweijährigen Aufenthalts in Halle wandte er sich der lutherischen Theologie zu. Zurückgekehrt nach Nürnberg ging er an die St. Egidienkirche als Prediger, wurde daselbst 1706 Diakon, wozu er zuvor in Altdorf ordiniert worden war. 1711 wurde er zum Diakon an die Nürnberger Hauptkirche St. Sebald berufen, 1714 in das Predigerkollegium aufgenommen und übernahm damit die Inspektion des Nürnberger Gymnasiums. 1715 wurde er zum auswärtigen Mitglied der Königlich Preußischen Sozietät der Wissenschaften gewählt.

Als man 1718 die Grundsteinlegung der neu errichteten Egidienkirche vorgenommen hatte, hielt er die Antritts- und Einweihepredigt. Nachdem er in Altdorf 1724 zum Doktor promoviert hatte, folgt er im selben Jahr einem Ruf an den Hof des sächsischen Kurfürsten August des Starken als Oberhofprediger, wurde damit der oberste sächsische Kirchenrat und Oberkonsistorialassessor. In Dresden wurde Marperger von den konfessionellen Auseinandersetzungen zwischen Pietismus und lutherischer Orthodoxie erfasst. Drei Kirchenlieder aus seiner Feder fanden eine weitere Verbreitung.

Aus seiner 1706 geschlossenen Ehe mit Agathe, der Tochter des Johann Gräfen, des Seniorpfarrers an der Nürnberger St. Sebaldkirche, und seiner zweiten Ehe mit Anna Magdalena Murrer sind sieben Kinder hervorgegangen, von denen zwei Söhne Marperger überlebten.

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Uploaded on January 31, 2017
Taken on October 24, 2015