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Der du die Zeit in Händen hast
Grabstein auf dem Friedhof der evangelischen Kirche St. Nicolai in Wyk-Boldixum auf Föhr, Nordfriesland
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Der du die Zeit in Händen hast
1.) Der du die Zeit in Händen hast,
Herr, nimm auch dieses Jahres Last
Und wandle sie in Segen.
Nun von dir selbst in Jesus Christ
Die Mitte fest gewiesen ist,
Führ uns dem Ziel entgegen.
2.) Da alles, was der Mensch beginnt,
Vor seinen Augen noch zerrinnt,
Sei du selbst der Vollender.
Die Jahre, die du uns geschenkt,
Wenn deine Güte uns nicht lenkt,
Veralten wie Gewänder.
3.) Wer ist hier, der vor dir besteht?
Der Mensch, sein Tag, sein Werk vergeht:
Nur du allein wirst bleiben.
Nur Gottes Jahr währt für und für,
Drum kehre jeden Tag zu dir,
weil wir im Winde treiben.
4.) Der Mensch ahnt nichts von seiner Frist.
Du aber bleibest, der du bist,
In Jahren ohne Ende.
Wir fahren hin durch deinen Zorn,
Und doch strömt deiner Gnade Born
In unsre leeren Hände.
5.) Und diese Gaben, Herr, allein
Lass Wert und Maß der Tage sein,
Die wir in Schuld verbringen.
Nach ihnen sei die Zeit gezählt,
Was wir versäumt, was wir verfehlt,
Darf nicht mehr vor dich dringen.
6.) Der du allein der Ew'ge heißt
Und Anfang, Ziel und Mitte weißt
Im Fluge unsrer Zeiten:
Bleib du uns gnädig zugewandt
Und führe uns an deiner Hand,
Damit wir sicher schreiten.
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Autor: Jochen Klepper
Melodie: Eigene Melodie
oder: Kommt her zu mir, spricht Gottes Sohn
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gefunden in:
Evangelisches Gesangbuch
Herausgegeben von der Evangelischen Kirche Deutschlands
1993
Liednummer 64
Thema: Neujahr
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Jochen Klepper (* 22. März 1903 in Beuthen an der Oder; † 11. Dezember 1942 in Berlin) war ein deutscher Journalist, Schriftsteller und einer der bedeutendsten geistlichen Liederdichter des 20. Jahrhunderts. Jochen Klepper wurde als Sohn eines evangelischen Pfarrers geboren. Er besuchte das Gymnasium in Glogau und studierte dann zunächst Evangelische Theologie in Erlangen und Breslau. Prof. Hermann brachte ihm Martin Luther nahe und wurde sein väterlicher Freund. Wegen seines labilen Gesundheitszustandes verzichtete Klepper jedoch darauf, selbst Pfarrer zu werden. Er begann, beim Evangelischen Presseverband für Schlesien in Breslau unter Leitung von Kurt Ihlenfeld als Journalist zu arbeiten. Am 28. März 1931 heiratete er die um 13 Jahre ältere jüdische Kaufmannswitwe Johanna Stein, die ihm half, als freier Schriftsteller zuarbeiten. Sie brachte ihre Töchter Brigitte und Renate mit in die Ehe. Klepper leistete erfolgreiche Pressearbeit und bemühte sich um ein anspruchsvolles Rundfunkprogramm. Mit der Machtergreifung Hitlers im Januar 1933 begann die Gleichschaltung des Rundfunks. Da Klepper bis zum Oktober 1932 Mitglied der SPD gewesen war, wurde er Mitte 1933 aus Rundfunk und Verlag entlassen.
Da Johanna und ihre beiden Töchter Jüdinnen waren, geriet die Familie ab 1933 zunehmend unter Druck. Jochen Klepper sah in der wachsenden Judenfeindlichkeit Frevel an Gott. Am 25. März 1937 erfolgte der Ausschluss aus der Reichsschrifttumskammer, was einem Berufsverbot und Arbeitslosigkeit gleichbedeutend war. Am 18. Dezember 1938 ließ sich Johanna Klepper in der Kirche von Mariendorf von Pfarrer Kurzreiter evangelisch taufen. Anschließend wurde das Ehepaar Klepper kirchlich getraut. Seine ältere Stieftochter, Brigitte, konnte kurz vor Kriegsausbruch über Schweden nach England ausreisen. Mit dem Beginn des Zweiten Weltkriegs verschärfte sich die Verfolgung der Juden. Jochen Klepper erhielt am 25. November 1940 die Einberufung zur Wehrmacht und war bis Oktober 1941 Soldat. Ende 1942 scheiterte die Ausreise der jüngsten Tochter ins rettende Ausland und ihre Deportation stand unmittelbar bevor. Die Familie nahm sich in der Nacht vom 10. auf den 11. Dezember 1942 durch Schlaftabletten und Gas gemeinsam das Leben. Die letzte Eintragung im Tagebuch Kleppers lautet: 'Wir sterben nun – ach, auch das steht bei Gott. Wir gehen heute nacht gemeinsam in den Tod. Über uns steht in den letzten Stunden das Bild des Segnenden Christus, der um uns ringt. In dessen Anblick endet unser Leben.' – Die Familie Klepper wurde auf dem Friedhof Nikolassee bestattet.
Seine geistlichen Lieder haben in großem Umfang Eingang in den Kanon der evangelischen Gesangbücher gefunden; er ist nach Martin Luther und Paul Gerhardt der dritthäufigst gedruckte Autor des Evangelischen Gesangbuchs (EG) von 1993.
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Jochen Klepper (March 22, 1903 – December 11, 1942) was a German writer, protestant hymnpoet and journalist.
Klepper was born in Beuthen an der Oder (Bytom Odrzanski), Silesia, the son of a Lutheran minister. He originally studied theology at the University of Breslau, but dropped out to become a radio journalist in Berlin before being ostracized by the Nazi Party for his marriage to Johanna Stein, a Jewish widow with two daughters. He was fired from his work with Berliner Funk in June 1933, and was later fired from Ullstein Publishing House in September 1935. He had written favourably about a Prussian king and the stark differences to the current government. The book became very popular and by March 1937, he had lost his license to publish his largely Christian works from the state literary office. He appealed this with a letter to Joseph Goebbels, signing his protest with a Heil Hitler, and the case was ceded.
In December 1940, he was drafted by the German Army — perhaps a bureaucratic mistake since citizens married to Jews were not to be drafted. His wife however had been baptized and they had a church wedding ceremony in 1938. While Klepper did not see combat, he served in a supply unit for forces through Bulgaria, Poland and Russia before being discharged in 1942 to tend to his wife.
On December 11, 1942, after Adolf Eichmann refused a visa for the couple's second daughter, the three of them committed suicide by turning on a gas valve - Jochen writing in his journal just before they died: Tonight we die together. Over us stands in the last moments the image of the blessed Christ who surrounds us. With this view we end our lives. After their death, the diary was given by Jochen's sister Hildegard, to the Allied trial against Adolf Eichmann where it was used as evidence against him.
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Der du die Zeit in Händen hast
Grabstein auf dem Friedhof der evangelischen Kirche St. Nicolai in Wyk-Boldixum auf Föhr, Nordfriesland
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Der du die Zeit in Händen hast
1.) Der du die Zeit in Händen hast,
Herr, nimm auch dieses Jahres Last
Und wandle sie in Segen.
Nun von dir selbst in Jesus Christ
Die Mitte fest gewiesen ist,
Führ uns dem Ziel entgegen.
2.) Da alles, was der Mensch beginnt,
Vor seinen Augen noch zerrinnt,
Sei du selbst der Vollender.
Die Jahre, die du uns geschenkt,
Wenn deine Güte uns nicht lenkt,
Veralten wie Gewänder.
3.) Wer ist hier, der vor dir besteht?
Der Mensch, sein Tag, sein Werk vergeht:
Nur du allein wirst bleiben.
Nur Gottes Jahr währt für und für,
Drum kehre jeden Tag zu dir,
weil wir im Winde treiben.
4.) Der Mensch ahnt nichts von seiner Frist.
Du aber bleibest, der du bist,
In Jahren ohne Ende.
Wir fahren hin durch deinen Zorn,
Und doch strömt deiner Gnade Born
In unsre leeren Hände.
5.) Und diese Gaben, Herr, allein
Lass Wert und Maß der Tage sein,
Die wir in Schuld verbringen.
Nach ihnen sei die Zeit gezählt,
Was wir versäumt, was wir verfehlt,
Darf nicht mehr vor dich dringen.
6.) Der du allein der Ew'ge heißt
Und Anfang, Ziel und Mitte weißt
Im Fluge unsrer Zeiten:
Bleib du uns gnädig zugewandt
Und führe uns an deiner Hand,
Damit wir sicher schreiten.
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Autor: Jochen Klepper
Melodie: Eigene Melodie
oder: Kommt her zu mir, spricht Gottes Sohn
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gefunden in:
Evangelisches Gesangbuch
Herausgegeben von der Evangelischen Kirche Deutschlands
1993
Liednummer 64
Thema: Neujahr
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Jochen Klepper (* 22. März 1903 in Beuthen an der Oder; † 11. Dezember 1942 in Berlin) war ein deutscher Journalist, Schriftsteller und einer der bedeutendsten geistlichen Liederdichter des 20. Jahrhunderts. Jochen Klepper wurde als Sohn eines evangelischen Pfarrers geboren. Er besuchte das Gymnasium in Glogau und studierte dann zunächst Evangelische Theologie in Erlangen und Breslau. Prof. Hermann brachte ihm Martin Luther nahe und wurde sein väterlicher Freund. Wegen seines labilen Gesundheitszustandes verzichtete Klepper jedoch darauf, selbst Pfarrer zu werden. Er begann, beim Evangelischen Presseverband für Schlesien in Breslau unter Leitung von Kurt Ihlenfeld als Journalist zu arbeiten. Am 28. März 1931 heiratete er die um 13 Jahre ältere jüdische Kaufmannswitwe Johanna Stein, die ihm half, als freier Schriftsteller zuarbeiten. Sie brachte ihre Töchter Brigitte und Renate mit in die Ehe. Klepper leistete erfolgreiche Pressearbeit und bemühte sich um ein anspruchsvolles Rundfunkprogramm. Mit der Machtergreifung Hitlers im Januar 1933 begann die Gleichschaltung des Rundfunks. Da Klepper bis zum Oktober 1932 Mitglied der SPD gewesen war, wurde er Mitte 1933 aus Rundfunk und Verlag entlassen.
Da Johanna und ihre beiden Töchter Jüdinnen waren, geriet die Familie ab 1933 zunehmend unter Druck. Jochen Klepper sah in der wachsenden Judenfeindlichkeit Frevel an Gott. Am 25. März 1937 erfolgte der Ausschluss aus der Reichsschrifttumskammer, was einem Berufsverbot und Arbeitslosigkeit gleichbedeutend war. Am 18. Dezember 1938 ließ sich Johanna Klepper in der Kirche von Mariendorf von Pfarrer Kurzreiter evangelisch taufen. Anschließend wurde das Ehepaar Klepper kirchlich getraut. Seine ältere Stieftochter, Brigitte, konnte kurz vor Kriegsausbruch über Schweden nach England ausreisen. Mit dem Beginn des Zweiten Weltkriegs verschärfte sich die Verfolgung der Juden. Jochen Klepper erhielt am 25. November 1940 die Einberufung zur Wehrmacht und war bis Oktober 1941 Soldat. Ende 1942 scheiterte die Ausreise der jüngsten Tochter ins rettende Ausland und ihre Deportation stand unmittelbar bevor. Die Familie nahm sich in der Nacht vom 10. auf den 11. Dezember 1942 durch Schlaftabletten und Gas gemeinsam das Leben. Die letzte Eintragung im Tagebuch Kleppers lautet: 'Wir sterben nun – ach, auch das steht bei Gott. Wir gehen heute nacht gemeinsam in den Tod. Über uns steht in den letzten Stunden das Bild des Segnenden Christus, der um uns ringt. In dessen Anblick endet unser Leben.' – Die Familie Klepper wurde auf dem Friedhof Nikolassee bestattet.
Seine geistlichen Lieder haben in großem Umfang Eingang in den Kanon der evangelischen Gesangbücher gefunden; er ist nach Martin Luther und Paul Gerhardt der dritthäufigst gedruckte Autor des Evangelischen Gesangbuchs (EG) von 1993.
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Jochen Klepper (March 22, 1903 – December 11, 1942) was a German writer, protestant hymnpoet and journalist.
Klepper was born in Beuthen an der Oder (Bytom Odrzanski), Silesia, the son of a Lutheran minister. He originally studied theology at the University of Breslau, but dropped out to become a radio journalist in Berlin before being ostracized by the Nazi Party for his marriage to Johanna Stein, a Jewish widow with two daughters. He was fired from his work with Berliner Funk in June 1933, and was later fired from Ullstein Publishing House in September 1935. He had written favourably about a Prussian king and the stark differences to the current government. The book became very popular and by March 1937, he had lost his license to publish his largely Christian works from the state literary office. He appealed this with a letter to Joseph Goebbels, signing his protest with a Heil Hitler, and the case was ceded.
In December 1940, he was drafted by the German Army — perhaps a bureaucratic mistake since citizens married to Jews were not to be drafted. His wife however had been baptized and they had a church wedding ceremony in 1938. While Klepper did not see combat, he served in a supply unit for forces through Bulgaria, Poland and Russia before being discharged in 1942 to tend to his wife.
On December 11, 1942, after Adolf Eichmann refused a visa for the couple's second daughter, the three of them committed suicide by turning on a gas valve - Jochen writing in his journal just before they died: Tonight we die together. Over us stands in the last moments the image of the blessed Christ who surrounds us. With this view we end our lives. After their death, the diary was given by Jochen's sister Hildegard, to the Allied trial against Adolf Eichmann where it was used as evidence against him.
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