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Ich bin des Lebens satt und müde

Photo: Wiesbaden-Bierstadt, Nähe Raiffeisen-Platz

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Ich bin des Lebens satt und müde

 

1.) Ich bin des Lebens satt und müde,

Mein Gott, wann kommt der frohe Tag,

Dass ich, wie Simeon, im Friede

Die letzte Fahrt vollziehen mag?

Zerreiß, o Herr, das Band, das Leib und Seel' vereint,

Und tilge meine Qual, die täglich größer scheint.

 

2.) Mein Gott, mir wird auf Erden bange,

Du wirst mein Elieser (a) sein.

Die Bosheit macht die Welt gedrange,

Der weite Himmel nimmt mich ein,

Der kehret Edals (b) Fluch in Obed-Eoms (c) Heil

Und bleibt bei Angst und Not stets mein bescheidnes Teil.

 

3.) Entreiß mich der Gefahr der Sünden

Die oft den frömmsten David stürzt

Und lass mich jene Freistatt finden,

Die Furcht und Fall zugleich verkürzt!

Beschleunige, mein Gott, mein Scheiden aus der Welt,

In welcher Fleisch und Lust so manchen Simson (d) fällt!

 

4.) In dieser Schule lernt man weinen,

Wenn Joab (e) seine Rachsucht stillt,

Wenn Simei (f) die Hand mit Steinen,

Das Maul mit losen Worten füllt,

Wenn Bileam (g) für's Geld mit Flüchen um sich schmeißt,

Und Kain Leute würgt und gleichwohl Bruder heißt.

 

5.) Gott ist, wenn Welt und Satan wüten,

Mein Leitstern der Gefahr und Nacht,

Der mir aus Kedars (h) schwarze Hütten

Ein ewigliches Gosen (i) macht.

Mein Bochim (j) wendet sich, mein Miserere (k) schweigt,

Weil Hamann (l) Galgen baut und fünfzig Ellensteigt.

 

6.) Herr, eile mit mir durch die Wüste,

Damit ich bald in Kanaan, (m)

Indem ich mich zum Sterben rüste,

Das sel'ge Pascha (n) feiern kann.

Und Moses nähert sich, der Weg ist bald vollbracht,

Der Bau des Leibes bricht, Ägypten, gute Nacht!

 

(a) Elieser, (hebr.: Gott ist meine Hilfe) Sohn des Moses und seiner Frau Zippora

(b) Edal (konnte nicht nachgewiesen werden)

(c) Obed-Eoms (Obed: hebr. Diener), sonst nicht nachweisbar

(d) Simson: Samson oder Simson (hebräisch: ‚von der Sonne; auch `‘Diener Gottes‘, oder diminutiv ‚Kleine Sonne‘ war der drittletzte Richter im Alten Israel vor der Königszeit. Sein Leben wird im Alten Testament der Bibel im Buch der Richter in den Kapiteln 13–16 geschildert. Als einem Auserwählten Gottes durfte u. a. sein Haar nie geschnitten werden. Er gilt als Held von unbezwingbarer Stärke. Simson wird auch als Ehrenname Jesu Christi verwendet.

(e) Joab (hebr: Gott ist Vater), Heerführer des Königs David

(f) Simeon: Der Prophet Simeon ist eine Gestalt des Neuen Testaments. Im Lukas-Evangelium (Kapitel 2, Verse 25-35) wird beschrieben, wie er sehnsüchtig auf die Ankunft des Messias wartet und ihn schließlich bei dessen Darstellung im Tempel in die Arme schließen kann.

Er lobt Gott für die Erfüllung der Verheißung, er (Simeon) werde noch zu Lebzeiten den Messias sehen mit seinem Lobgesang.

Dieses Geschehen wird am Feiertag der Darstellung des Herrn am 2. Februar gefeiert. Die katholische Bezeichnung ist Maria Lichtmess.

(g) Belial ist ein Dämon aus der jüdischen Kultur

(h) Kedar, vorübergehende, flüchtige, irdische Wohnstatt (vgl. Jesaja Kapitel 21, Verse 13-17).

Auch Namen eines Sohnes von Ismael, einem Sohn Abrahams im Alten Testament (vgl. 1. Buch Mose, Kapitel 25, Vers 13).

(i) Gosen (auch Goschen) war ein den Nachkommen Jakobs überlassenes Weidegebiet.

Man vermutet das Land im heutigen Gebiet des Wadi Tumilat im östlichen Niltal oder im Südwesten Palästinas bei Hebron.

(j) Bochim (konnte nicht nachgewiesen werden)

(k) Miserere ist ein Bußgebet in der Liturgie

(l) Hamann ist eine Figur des Alten Testaments, ein Feind des Volks Israel

(m) Kanaan: gelobtes Land

(n) Pessach, jüdisches Fest, vergleichbar mit Ostern

 

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Autor: Daniel Stoppe

Melodie: ohne Angaben

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Der Parnaß im Sättler Oder:

Scherz- und Ernsthafte Gedichte,

Herrn Daniel Stoppens,

aus Hirschberg in Schlesien

Verlag Franz Christian Mumme

Frankfurt und Leipzig, 1735

Thema: Tod und Ewigkeit

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Daniel Stoppe (* 17. November 1697 in Hirschberg (Schlesien), † 12. Juli 1747 in ebenda), war ein deutscher Schullehrer und schlesischer Gelegenheitsdichter.

Daniel Stoppe entstammte einfachsten Verhältnissen, ein reicher Gönner ermöglichte ihm aber den Schulbesuch und von 1719-1722 ein Studium der Philosophie in Leipzig. 1728 kehrte er nach Hirschberg zurück, wo er sich notdürftig als Hauslehrer und nach seiner Heirat auch als Spezereienhändler betätigte, bis er 1742 am städtischen Gymnasium als Konrektor (damals Unterlehrer) angestellt wurde.

Er dichtete Kantatentexte, die insbesondere von Telemann vertont wurden, satirische Versepisteln und Fabeln, die Einflüsse des Spätbarock und des Leipziger galanten Stils zeigen. Als Mitglied von Gottscheds 'Deutscher Gesellschaft' fügte er sich aber dessen Regelpoetik. Zu Lebzeiten recht geschätzt, geriet Stoppe bald nach seinem Tod völlig in Vergessenheit, obwohl sie auch in evangelische Kirchengesangbücher übernommen wurden.

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Daniel Stoppes Lieder/ Hymns

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An den wasserreichen Quellen

Banger Nächte leere Klagen

Banges Herze, lass das Grämen

Das Glücke muss mich wohl nicht kennen

Der Himmel hat mich gar vergessen

Die Missgunst gönnt mir kaum die Luft

Ei, schlaft doch ein, ihr müden Augen

Geh Ungeduld, komm stilles Hoffen

Gönnt mir doch einmal das Glücke

Gott mach es mit mir, wie er will

Ich bin des Lebens satt und müde

Ich bin zufrieden mit dem Stande

Ich bleibe herzlich gern zu Hause

Ihr bekümmerten Gedanken

Kehr um, mein Geist, wir kommen blind

Lasst mir meine Niedrigkeit

Nur unverzagt, ihr blöden Sinnen

Scheid ich jetzund gleich von hinnen

Schlaft doch ein, ihr allzu muntern Schmerzen

Sei zufrieden, meine Seele, wenn dich Stern

So wollt ihr mich denn ewig meiden

Stille Ruhe, sanfter Schlummer

Was hält euch ab, ihr müden Sorgen

Wer weiß, wie nahe mir mein Ende, wie bald

Werte Hoffnung, deine Freundschaft

Will Gott nicht mehr für mich sorgen

Wo bleibt ihr denn, ihr guten Tage

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Uploaded on November 6, 2014
Taken on November 1, 2014