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Musique concrète und Turntablism

Den instrumentellen Umgang mit dem Tonspielzeug, also das Turntablism, kann man durchaus auch als eine meisterhaft, spieltechnische Weiterentwicklung der Verfahrenstechniken der musique concrète betrachten - einer Musikepoche, welche um 1953 entstand und von dem Franzosen Pierre Schaeffer ins Leben gerufen wurde. Hierbei wurde das erste mal in der Musikgeschichte mit akustischen Aufzeichnungen (Tonmaterial) gearbeitet, um diese als Klänge in musikalischen Kompositionen zu verarbeiten. Dies war, rein musikgeschichtlich, ein Quantensprung im Musikbewusstsein, da sich bis dato die Vorstellung von Musik nur auf den Klang traditioneller Instrumente beschränkte (Klavier, Violine, Schlagzeug, ...).

 

Wo genau ist nun die Verbindung zum Turntablism zu sehen? Nun, letztlich arbeiten wir, vom Grundsatz her, in ein und derselben Weise. Das heißt, wir verwenden Tonmaterial, welches auf Schallplatten aufgezeichnet wurde, um dadurch Musik zu erzeugen. Unser Klangbild, welches wir erzeugen wollen, hängt in erster Linie davon ab, was wir als phonetische Aufzeichnung auf unserem Tonträger vorfinden. Wir instrumentalisieren Musikcollagen und können, wie wir wissen, alles mögliche spielen – was über verschiedene instrumentelle Umgangsformen (Scratching, Beatcutting, Beatjuggling, ...) erfolgt. Wir machen nichts anderes, als den Klang einer akustischen Aufzeichnung, durch die Arbeit an den Spielkörpern unseres Instruments (Crossfader, Linefader, Schallplatte), zu verfremden. Und genau damit hat man bei der musique concrète, vor gut 50 Jahren, schon begonnen.

 

So gesehen kann also diese Musikepoche als geistiger Vorläufer des Turntablism betrachtet werden und wir sehen, dass die Anfänge unserer neuzeitlichen Tonkunst schon viel früher stattfanden als bisher allgemein angenommen.

 

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Uploaded on April 21, 2009
Taken on December 6, 2007