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Königliches Stuttgart

Das Stuttgarter Neue Schloß, Corps de Logis

 

Nach dem Zweiten Weltkrieg sollte das Neue Schloß in Stuttgart abgerissen werden. "Modern" eingestellte Architekten meinten, das Schloß sei ein Zeichen des Absolutismus und nicht mehr zeitgemäß in einer Demokratie. Die Befürworter des Wiederaufbaus dagegen wollten diesen Teil des alten Stadtbilds retten und setzten sich durch: Das Neue Schloß wurde von 1958 bis 1964 wieder aufgebaut. Die Stuttgarter Bürger verhinderten den Kahlschlag, sonst müßte heute nicht nur in Berlin ein "Palast der Republik" abgerissen werden, sondern auch im Herzen der Landeshauptstadt.

 

Herzog Carl Eugen von Württemberg (1744-1793) ließ mit dem Neuen Schloß die letzte große barocke Residenzschloßanlage im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation erbauen. Von der Stadt und der württembergischen Ständevertretung hatte er die Errichtung einer »standesgemäßen, seiner fürstlichen Dignität convenablen und dem Umfang Dero Hofstaats hinlänglichen Wohnung« verlangt, denn er wollte Stuttgart zu einem zweiten Versailles machen.

 

Am 3. September 1746 wurde der Grundstein gelegt. Baumeister war Leopoldo Matteo Retti, ein Neffe von Donato Giovanni Frisoni, dem Erbauer des Ludwigsburger Schlosses. Retti errichtete zwischen 1746 und 1751 den Hauptbau, das sogenannte Corps de Logis und den Gartenflügel. Dabei orientierte er sich an der zeitgenössischen Architektur Frankreichs. Um den Mittelbau schlossen sich, einen hufeisenförmigen Ehrenhof bildend, die beiden Seitenflügel an. Die dreiflügelige Anlage ist ein typischer Vertreter ihrer Zeit: Einziger Schmuck an der schlichten Fassade sind die Skulpturen auf den Balustraden. Nach dem Tod Rettis führte Philippe de la Guêpière den Bau fort. Er vollendete bis 1756 den Stadtflügel im Rohbau, setzte 1760 dem Mittelbau die Kuppel auf und schuf bis 1762 die Rokoko-Dekorationen im Gartenflügel und zum Teil im Corps de Logis.

 

Nach einem Brand im November 1762 verfügte Herzog Carl Eugen den raschen Ausbau von Weißem Saal und Spiegelgalerie im Stadtflügel, um ein Jahr später für seine Geburtstagsfeierlichkeiten den angemessenen Rahmen zu erhalten. Dann aber wurden die Arbeiten am Neuen Schloß für ein Jahrzehnt eingestellt, weil Carl Eugen 1764 die Residenz nach Ludwigsburg verlegte und erst 1775 nach Stuttgart zurückkehrte. Es folgten der Bau des Marmorsaales und des Gartenflügels.

 

Nachdem Herzog Friedrich II. 1806 König von Württemberg geworden war, ließ er die Räume im Neuen Schloß durch Nikolaus Friedrich von Thouret im Empire Stil umgestalten.

 

Am 15. April 1920 kam in einer Dachwohnung des Neuen Schlosses Richard von Weizsäcker zur Welt, der von 1984 bis 1994 deutscher Bundespräsident war. Sein Großvater diente als letzter Ministerpräsident des Königreichs Württemberg dem beliebten König Wilhelm II., der nach seiner erzwungenen Abdankung am 30. November 1918 den Stuttgartern nie verzieh, wie sie ihn im Stich ließen. Selbst als Toter wollte er Stuttgart nicht mehr betreten, weshalb der Leichenzug 1921 vom Kloster Bebenhausen nach Ludwigsburg einen Umweg um die Landeshauptstadt herum nehmen mußte.

schwaebischer-heimatbund.de/index.php?cid=494

 

 

 

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Uploaded on March 17, 2009
Taken on August 8, 2005