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Der Ball ~ The Ball... Rainer Maria Rilke

Als Hommage an das spielerische und poetische Wesen der Kunst kann die mehrteilige Arbeit des italienischen Arte povera-Künstlers Luciano Fabro gelesen werden. Sie besteht aus dem Rilke-Gedicht „Der Ball“, dessen Text als Bodenarbeit in einer beidseitig lesbaren Schrift vom Eingang des Museumskomplexes bis zum Kreisverkehr auf dem Schillerplatz führt. In der Mitte des Platzes ruht eine hochpolierte, silbrig glänzende Edelstahlkugel, in der sich ihre Umgebung widerspiegelt. Sie markiert den Wendepunkt der Textschlaufe. Gleichzeitig ist sie ein monumentales skulpturales Abbild des Gedichtes, nicht wirklich ein Ball, sondern ein Denkmal für all das, was ein Ball symbolisiert.

 

Der Ball

Du Runder, der das Warme aus zwei Händen

im Fliegen, oben, fortgiebt, sorglos wie

sein Eigenes; was in den Gegenständen

nicht bleiben kann, zu unbeschwert für sie,

zu wenig Ding und doch noch Ding genug,

um nicht aus allem draußen Aufgereihten

unsichtbar plötzlich in uns einzugleiten:

das glitt in dich, du zwischen Fall und Flug

noch Unentschlossener: der, wenn er steigt,

als hätte er ihn mit hinaufgehoben,

den Wurf entführt und freilässt –, und sich neigt

und einhält und den Spielenden von oben

auf einmal eine neue Stelle zeigt,

sie ordnend wie zu einer Tanzfigur,

um dann, erwartet und erwünscht von allen,

rasch, einfach, kunstlos, ganz Natur,

dem Becher hoher Hände zuzufallen.

 

Rainer Maria Rilke, 31.7.1907, Paris

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Uploaded on June 27, 2021
Taken on May 30, 2021