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Nach den Nachrichten --- After the news

Erst kam die Fassungslosigkeit, danach die Wut – die blanke, kalte Wut. Mit einem Faustschlag brachte er schliesslich den Empfänger zum Verstummen. Viel hätte nicht gefehlt, und er hätte den Apparat mit einer Armbewegung vom Tisch gefegt.

 

Es hätte die erste Nachricht seien müssen, vielleicht sogar die einzige überhaupt. Genussvoll hatte er sich alles im Auslandsrundfunk anhören wollen, an seinem lange vorher auserwählten Fluchtort in dieser Bananenrepublik (Wobei: Verdiente irgendein Land diese Bezeichnung mehr als das, das er vor nicht einmal zwei Tagen verlassen hatte?). Genussvoll hatte er sich alles anhören und höchstpersönlich für die Nachwelt bewahren wollen, ganz entspannt bei seinem Lieblingswhisky. Doch es war nichts gekommen, kein einziges Wort. Nur der übliche, belanglose Einheitsbrei von aufgebauschten Nichtigkeiten.

 

Die Behörden, das war ihm sofort klar gewesen, nachdem er sich wieder halbwegs gefasst hatte, hatten die Berichterstattung unterdrückt, wie sie es ja auch sonst mit allem wirklich Wichtigen taten. Doch lange würde sich das nicht durchhalten lassen. Spätestens in einigen Stunden, vielleicht schon in der nächsten Sendung, würde es kommen, würde es kommen MÜSSEN und dann auch die Schlagzeilen der Zeitungen beherrschen und alle Fernsehkanäle sowieso, gar keine Frage. Und die Nachrichtenticker der Agenturen würden es in alle Welt tragen.

 

Ein Gedanke kam ihm in seiner Grossartigkeit gar nicht: Dass er einen Fehler gemacht und der Sprengsatz schlicht nicht detoniert seien könnte.

 

(Teil der Serie: Ein Bild und eine Geschichte. Copyright Der Sekretär, 2024. Alle Rechte vorbehalten.)

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First came bewilderment, then rage - sheer, cold rage. He finally silenced the receiver with a punch. It wouldn't have taken much and he would have swept the apparatus off the table with a wave of his arm.

 

It should have been the first news, perhaps even the only one. He had wanted to enjoy listening to everything on the foreign radio, in his long previously chosen place of escape in this banana republic (although did any country deserve this description more than the one he had left less than two days ago?) He had wanted to enjoy listening to everything and personally preserve it for later generations, all relaxed over his favorite whisky. But nothing had come of it, not a single word. Just the usual, irrelevant mishmash of puffed-up trivialities.

 

The authorities, he had realized immediately after he had regained some composure, had suppressed the reporting, as they did with everything else that was really important. But it wouldn't be possible to keep this up for long. In a few hours at the latest, perhaps in the next news program, it would come, it would HAVE to come and then dominate the headlines of the newspapers and all the TV channels as well, no question about it. And the news tickers of the agencies would carry it all over the world.

 

One thought never occurred to him in his grandiosity: that he might have made a mistake and the bomb might simply not have detonated.

 

(Part of the series: A picture and a story. Copyright by Secretary, 2024, all rights reserved.)

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Uploaded on January 3, 2024