Julian en voyage
Ohé du bateau !
Mit der Bahn bis an die Kaikante! Schaut man sich ältere Fotografien aus den Binnen- und Seehäfen dieser Welt an, wird man ganz zwangsläufig eines dichten Geflechts an Gleisen gewahr, das nicht nur zu einer schier endlosen Zahl von Lagerhallen für Stückgut, sondern in vielen Fällen bis direkt ans Wasser führt, darauf eine nicht weniger beindruckende Armada an Güterwagen, die auf die Beladung wartet - Kohlen und Getreide, Kaffee, Mehl oder Zement sackweise.
Seit dem Aufkommen der Container und der zunehmenden Mechanisierung hat sich das Bild der Häfen grundlegend gewandelt. Wie aus einer fremden Welt wirken heute die Bilder des Gewusels der Schauerleute, die die Waren aus den Bäuchen der Schiffe holten, und der Kaiarbeiter, die sie in den Lagern verteilten oder direkt in die bereit stehenden Güterwagen umschlugen. Massengüter wandern oft über weitläufige Förderbänder, Container mit riesigen Kränen von Bord und die Verladung auf die Landverkehrsträger hat sich überwiegend in die "zweite Reihe" verlagert. Hinzu kommt die geschwächte Position der Bahn gegenüber dem LKW, sodass der Anblick eines Güterzuges direkt an der Kaikante immer rarer wird... In potenzierter Form gilt das für Frankreich, wo der Bahnanteil im Hinterlandverkehr weitaus geringer ist als z. B. in den deutschen Nordseehäfen.
Umso spannender war die Erkenntnis, die sich eines Abends als Ergebnis eines langen WhatsApp-Dialogs zwischen Hobbykollegen Basti und mir herauskristallisierte: Im Hafen von Marseille müsste es noch die Möglichkeit geben, die Verladung vom Schiff auf die direkt davor verlaufende Bahn zu dokumentieren! Und dabei nicht etwa im neuen Industriehafen Fos, sondern an den "Bassins Est", dem traditionellen, dem "echten" Hafen von Frankreichs Tor zum Mittelmeer! Am Anfang stand eine dort gedrehte Szene aus dem Actionfilm „Le Transporteur"/"The Transporter“, in der sich die Protagonisten eine waghalsige Verfolgungsjagd mit der Polizei leisten und dabei mit Ach und Krach (davon gibt's in dem Streifen von 2002 eh viel...) einem orangefarbenen Locotracteur entkommen, Millimeter vor dessen Puffern, den Gesetzeshütern ein Schnippchen schlagend...
"Guck mal, damals wurde der Hafen noch per Bahn bedient" // "Da müsste es eigentlich immer noch was geben" // "Echt?" // "Ja, da wird doch Aluminium für Saint-Jean-de-Maurienne umgeschlagen" // "Wie sieht das da wohl vor Ort aus?" // "Eigentlich sehr cool, direkt am Wasser!" // "Und mit was fahren die? Wann?!" // "Puh, wann, keine Ahnung. Aber es müsste eigentlich noch ein Y8000 sein. Sonst gibt's da nichts." => Uns war klar: Da müssen wir hin, auch wenn die Infolage dünn war!
Im Juni 2024 wurde das Projekt nach über einem Jahr gegenseitigen Bestärkens und Zweifelns dann endlich in die Tat umgesetzt. Am ersten Tag fuhr aber schon mal nichts zur passenden Zeit in den Hafen. Allerdings lag der unter panamaischer Flagge fahrende Frachter SABAHAT SONAY der türkischen Reederei Sonay Shipping am Kai, beladen mit Aluminiumgranulat, das aufs Löschen wartete. Also bloß nicht entmutigen lassen! Einige Tage später hatte Basti schon Freundschaft mit dem Stellwerkspersonal des "Poste 1" im Güterbahnhof Marseille-Maritime-Arenc geschlossen, das meistens sehr auskunftsfreudig war. Und am 13. Juni sollte es schließlich auch für mich passen: Gleich morgens um sieben stand die Bedienung des Gleisanschluss von Trimet an der Kaikante auf dem Programm!
Da das alles bei schönstem Sonnenschein in einer vom kräftigen Wind glasklar gewaschenen Luft geschehen sollte, stürzte ich mich also in den Großstadtdschungel, parkte das Auto am Rande einer langen Karawane voll bepackter Kombis, die unter der Last dessen ächzten, was man ihrem Dachgepäckträger abverlangte, während sie auf eine der Fähren in den Maghreb warteten, und kämpfte mich durch das Dickicht des Damms zwischen Hafenzaun und Stadtautobahn zum ausgeguckten Fotostandpunkt. Dort angekommen musste ich nicht mehr lange warten, ehe sich die Crew des Locotracteurs Y 8239 anschickte, vier beladene Staubgutwagen von der Verladeanlage am Kai abzuziehen. Zufriedenheit pur ! :)
Dahinter erhebt sich der Bug des Schiffes, dessen Name in großen Lettern über dem rostigen Anker prangt. Die feuerroten Ladekräne an Bord recken sich synchron gen Himmel. Im Hintergrund leuchtet derweil die helle Fassade des kürzlich sanierten "Hangar 16", einer alten Passagierwartehalle aus den 1930er Jahren, die in das neue Fährterminal Cap Janet integriert wurde, von wo aus mittlerweile der gesamte Nordafrika-Verkehr abgewickelt wird. Ziele wie Tanger, Algier und Tunis wecken das Fernweh. Längst nicht so weit weg, im Bild gleichwohl dezent im Hintergrund, kontrastieren die Felsen der pittoresken Côte Bleue mit dem industriell geprägten Vordergrund...
Ohé du bateau !
Mit der Bahn bis an die Kaikante! Schaut man sich ältere Fotografien aus den Binnen- und Seehäfen dieser Welt an, wird man ganz zwangsläufig eines dichten Geflechts an Gleisen gewahr, das nicht nur zu einer schier endlosen Zahl von Lagerhallen für Stückgut, sondern in vielen Fällen bis direkt ans Wasser führt, darauf eine nicht weniger beindruckende Armada an Güterwagen, die auf die Beladung wartet - Kohlen und Getreide, Kaffee, Mehl oder Zement sackweise.
Seit dem Aufkommen der Container und der zunehmenden Mechanisierung hat sich das Bild der Häfen grundlegend gewandelt. Wie aus einer fremden Welt wirken heute die Bilder des Gewusels der Schauerleute, die die Waren aus den Bäuchen der Schiffe holten, und der Kaiarbeiter, die sie in den Lagern verteilten oder direkt in die bereit stehenden Güterwagen umschlugen. Massengüter wandern oft über weitläufige Förderbänder, Container mit riesigen Kränen von Bord und die Verladung auf die Landverkehrsträger hat sich überwiegend in die "zweite Reihe" verlagert. Hinzu kommt die geschwächte Position der Bahn gegenüber dem LKW, sodass der Anblick eines Güterzuges direkt an der Kaikante immer rarer wird... In potenzierter Form gilt das für Frankreich, wo der Bahnanteil im Hinterlandverkehr weitaus geringer ist als z. B. in den deutschen Nordseehäfen.
Umso spannender war die Erkenntnis, die sich eines Abends als Ergebnis eines langen WhatsApp-Dialogs zwischen Hobbykollegen Basti und mir herauskristallisierte: Im Hafen von Marseille müsste es noch die Möglichkeit geben, die Verladung vom Schiff auf die direkt davor verlaufende Bahn zu dokumentieren! Und dabei nicht etwa im neuen Industriehafen Fos, sondern an den "Bassins Est", dem traditionellen, dem "echten" Hafen von Frankreichs Tor zum Mittelmeer! Am Anfang stand eine dort gedrehte Szene aus dem Actionfilm „Le Transporteur"/"The Transporter“, in der sich die Protagonisten eine waghalsige Verfolgungsjagd mit der Polizei leisten und dabei mit Ach und Krach (davon gibt's in dem Streifen von 2002 eh viel...) einem orangefarbenen Locotracteur entkommen, Millimeter vor dessen Puffern, den Gesetzeshütern ein Schnippchen schlagend...
"Guck mal, damals wurde der Hafen noch per Bahn bedient" // "Da müsste es eigentlich immer noch was geben" // "Echt?" // "Ja, da wird doch Aluminium für Saint-Jean-de-Maurienne umgeschlagen" // "Wie sieht das da wohl vor Ort aus?" // "Eigentlich sehr cool, direkt am Wasser!" // "Und mit was fahren die? Wann?!" // "Puh, wann, keine Ahnung. Aber es müsste eigentlich noch ein Y8000 sein. Sonst gibt's da nichts." => Uns war klar: Da müssen wir hin, auch wenn die Infolage dünn war!
Im Juni 2024 wurde das Projekt nach über einem Jahr gegenseitigen Bestärkens und Zweifelns dann endlich in die Tat umgesetzt. Am ersten Tag fuhr aber schon mal nichts zur passenden Zeit in den Hafen. Allerdings lag der unter panamaischer Flagge fahrende Frachter SABAHAT SONAY der türkischen Reederei Sonay Shipping am Kai, beladen mit Aluminiumgranulat, das aufs Löschen wartete. Also bloß nicht entmutigen lassen! Einige Tage später hatte Basti schon Freundschaft mit dem Stellwerkspersonal des "Poste 1" im Güterbahnhof Marseille-Maritime-Arenc geschlossen, das meistens sehr auskunftsfreudig war. Und am 13. Juni sollte es schließlich auch für mich passen: Gleich morgens um sieben stand die Bedienung des Gleisanschluss von Trimet an der Kaikante auf dem Programm!
Da das alles bei schönstem Sonnenschein in einer vom kräftigen Wind glasklar gewaschenen Luft geschehen sollte, stürzte ich mich also in den Großstadtdschungel, parkte das Auto am Rande einer langen Karawane voll bepackter Kombis, die unter der Last dessen ächzten, was man ihrem Dachgepäckträger abverlangte, während sie auf eine der Fähren in den Maghreb warteten, und kämpfte mich durch das Dickicht des Damms zwischen Hafenzaun und Stadtautobahn zum ausgeguckten Fotostandpunkt. Dort angekommen musste ich nicht mehr lange warten, ehe sich die Crew des Locotracteurs Y 8239 anschickte, vier beladene Staubgutwagen von der Verladeanlage am Kai abzuziehen. Zufriedenheit pur ! :)
Dahinter erhebt sich der Bug des Schiffes, dessen Name in großen Lettern über dem rostigen Anker prangt. Die feuerroten Ladekräne an Bord recken sich synchron gen Himmel. Im Hintergrund leuchtet derweil die helle Fassade des kürzlich sanierten "Hangar 16", einer alten Passagierwartehalle aus den 1930er Jahren, die in das neue Fährterminal Cap Janet integriert wurde, von wo aus mittlerweile der gesamte Nordafrika-Verkehr abgewickelt wird. Ziele wie Tanger, Algier und Tunis wecken das Fernweh. Längst nicht so weit weg, im Bild gleichwohl dezent im Hintergrund, kontrastieren die Felsen der pittoresken Côte Bleue mit dem industriell geprägten Vordergrund...