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La piccola automotrice tra boschi e cime

Im Herzen Mittelitaliens erstrecken sich die Abruzzen mit ihren reizvollen, mitunter ergreifend schönen Berglandschaften. Zwischen den gezackten Gipfeln des Gran Sasso-Massivs, des Monte Velino und der Montagna della Maiella wechseln sich karge, verkarstete Flächen und Schafweiden mit Laubwäldern ab, in denen knorrige Eichen, Buchen und Kastanien gedeihen und die der üppigen Fauna Unterschlupf bieten. Der Mensch nimmt jenseits der wenigen Städte oft nur eine Rolle am Rande ein, viele Dörfer finden ihre Grenzen noch heute in den seit Jahrhunderten gewachsenen Ortskernen.

 

Mitten hinein gegraben in diese große Natur hat sich der Aterno, ein nordwestlich von L'Aquila entspringender Gebirgsfluss. Seinem Lauf folgt beinahe auf gesamter Länge die Bahnstrecke von Sulmona nach L'Aquila. Seit 2015 haben auf ihr die vier in Sulmona beheimateten PESA-Atribo - bei Trenitalia auf den Namen "Swing" getauft - den Verkehr übernommen, verbunden mit der Einführung des hippen Streckennamens "Aterno Line". Den ganzen Verkehr? Nein, ein einziges Zugpaar hielt all die Jahre über an Werktagen noch die Fahne der Fiat-Klassiker ALn 668 3300 hoch, die seit Beginn der 80er Jahre das Rückgrat im Zugbetrieb auf den von Sulmona ausgehenden Nebenbahnen sowie der nicht minder spektakulären Verbindung von Avezzano nach Roccasecca (dazu demnächst mehr!) bildeten.

 

Ende November 2022 hatte ich die Gelegenheit, ein paar Tage in den Abruzzen zu verbringen. Da stand natürlich auch dieses Relikt des klassischen FS-Dieselbetriebs auf der Agenda. Da die Laubfärbung gerade auf ihrem Höhepunkt angelangt war, sollte möglichst viel davon ins Bild gerückt werden. Ich startete also früh am Morgen im Bergdorf Goriano Valli - dort wird man als Auswärtiger zu früher Stunde in etwa so beäugt, wie George Clooney ("The American") bei seiner ersten Ankunft in Castelvecchio ;) - zu einer kleinen Wanderung durch das goldene Blättermeer. Ziel war ein auf einem Bergsattel gelegener Wachturm aus dem 14. Jahrhundert, von dessen Fuß aus sich ein traumhafter Blick hinab in die Aterno-Schlucht eröffnet.

 

Dort angekommen begann nach Entdeckung eines passenden Blätterrahmens das Warten, ob es die Sonne - wie überschlägig vorab per Google Earth kalkuliert - rechtzeitig und im passenden Winkel schaffen würde, den Talgrund auszuleuchten. Ein paar Minuten vor Zugdurchfahrt war klar, dass zumindest das genau passen dürfte. Es blieb somit nur noch die bange Frage, ob tatsächlich gleich der alte Fiat auftauchen würde. Denn der war nach Berichten von Hobbykollegen durchaus etwas launisch. Mal fuhr er wie geplant um 8:30 Uhr ab Sulmona, mal um 10:30 Uhr, mal auch überhaupt nicht.

 

Als von irgendwoher Kirchenglocken neun Uhr schlugen, wurde es ernst. Kaum waren sie verklungen, trat ein anderes Geräusch an ihre Stelle: Anschwellend, verdächtig nach Zug klingend - Und zwar nicht nach dem Staubsauger-Sound eines bergauf keuchenden PESAs, sondern nach dem vertrauten Grummeln des 668ers. Wenig später tauchte der kleine Triebwagen als Regionale 23806 (Sulmona - L'Aquila) auch wirklich aus dem Tunnelportal auf und in den sonnenbeschienen Abschnitt ein. Die Kamera klickte und ein breites Grinsen war mir ins Gesicht geschrieben. Perfekt gelaufen! Der Rückweg bergauf zum Auto wurde mit doppeltem Elan in Angriff genommen. :)

 

Seit dem vergangenen Fahrplanwechsel im Dezember 2022 scheint die letzte 668er-Leistung auf der Strecke leider Geschichte zu sein. Jedenfalls taucht auch für diesen Zug seit Neuestem ein Rollstuhlsymbol in der einschlägigen Fahrplantabelle auf... In aller Regel ein untrügliches Zeichen für "Neubau". Dafür rollt seitdem einmal am Tag die TUA (Società Unica Abruzzese di Trasporto; ehemals Ferrovia Adriatico Sangritana) mit ihren ALn 776 aus Lanciano kommend durch die Schlucht. Vielleicht mal was für einen kommenden Besuch in den Abruzzen!

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Uploaded on January 6, 2023
Taken on November 23, 2022