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Schranktür bei Fürstenberg, Sowjetarmee / Шкаф рядом Фюрстенберг, ГСВГ

Arbeiter in Deutschland solidarisieren sich mit Massenprotesten in Frankreich. In den deutschen Massenmedien wird ein völlig falsches Bild der Demonstrationen verbreitet.

(Von unseren Reportern, 8. Dez 2018, www.wsws.org/de/articles/2018/12/08/fran-d08.html)

 

In deutschen Betrieben treffen die Massenproteste der Gelbwesten in Frankreich auf große Sympathie. Viele Arbeiter sehen, dass sie mit der gleichen Politik im Interesse der Reichen konfrontiert sind und haben selbst die Faust in der Tasche. Das erlebten Kandidaten der Sozialistischen Gleichheitspartei (SGP) für die Europawahl 2019, als sie am Freitag an zahlreichen Orten mit Arbeitern diskutierten.

Im Industriepark Höchst im Frankfurter Westen sind seit dem Niedergang der einstigen Farbwerke Hoechst rund 90 Unternehmen mit über 20.000 Beschäftigten tätig. Hier verfolgen viele Arbeiter die Geschehnisse in Frankreich mit großer Aufmerksamkeit.

 

Eric, der eine Ausbildung als Chemiefacharbeiter macht, findet die Proteste in Frankreich berechtigt. „An den Gelbwesten können sich die Arbeiter in Deutschland ein Beispiel nehmen“, sagt Eric gegenüber Marianne Arens, die für die SGP bei den Europawahlen kandidiert. „Sie lassen sich nicht alles gefallen.“ Er berichtet, dass er ihre Bewegung über Facebook verfolgt: „Die Nachrichten bei uns sind nicht objektiv. Die sind nur darauf aus, die Gelbwesten schlecht zu machen, weil sie fürchten, dass es hier auch zu Protesten kommt.“

 

Auch im Industriepark gibt es Grund genug zu Protesten: Sanofi ist gerade dabei, über 300 Arbeitsplätze abzubauen. Auch bei Bayer AG sind die Arbeitsplätze nicht sicher. Der Konzern, der in Frankfurt eine Produktionsstätte für Pflanzenschutzmittel und eine Forschungsabteilung betreibt, hat angekündigt, 12.000 Arbeitsplätze zu vernichten. Fast jeder, der das Tor Ost passiert, kennt irgendwelche Kollegen bei Bayer und weiß, dass sie sich Sorgen um ihre Zukunft machen. „Die Arbeiter müssen nun dafür bezahlen, dass sich Bayer mit Monsanto verspekuliert hat“, sagt ein Chemiearbeiter.

 

„Die Franzosen machen es genau richtig“, findet Jörg, der als Zeitarbeiter im Industriepark arbeitet. Vor Jahren hatte er bei der Hoechst AG als Festangestellter angefangen, doch als Sanofi die Pharmasparte aufkaufte, nahm er die angebotene Abfindung und ging raus. Jörg erklärt: „In Deutschland wird zwar auch geschimpft, aber am Ende wird alles abgenickt. Die Franzosen gehen auf die Straße und wehren sich. Wenn es nötig ist, schließen sie sich zusammen und demonstrieren, das finde ich richtig. Man muss sich nicht alles gefallen lassen.“

Als Beispiel weist Jörg darauf hin, dass die Regierung das Rentenalter auf 67 angehoben hat. „Dabei weiß jeder, dass es für Arbeiter, die mit 15 anfangen und über vierzig Jahre Schichtarbeit leisten, meist gar nicht möglich ist, bis 67 durchzuhalten. Im Endeffekt läuft das Ganze auf eine Rentenkürzung hinaus!“ Jörg war sehr von der Bewegung in Frankreich angetan und trat dafür ein, dass sich deutsche Arbeiter solidarisieren und ebenfalls streiken sollten, um etwas zu erreichen: „Sonst kann man nicht erwarten, dass sich die Dinge ändern.“

 

Auch am BMW-Werk in Berlin-Spandau reagieren viele Arbeiter ausgesprochen positiv auf die Proteste in Frankreich. Sie halten die Daumen hoch oder rufen „So müssen wir es auch machen!“, wenn sie auf die Gelbwesten angesprochen werden. Einige reagieren zunächst aber auch etwas distanziert, weil sie vor allem von Ausschreitungen gelesen haben.

„Das liegt daran, dass in vielen Medien ein völlig falsches Bild gezeichnet wird“, sagt Benni, der im BMW-Werk Gabelstapler fährt. „Es wird überhaupt nicht gesagt, wofür die Bewegung steht. Es geht ja mittlerweile nicht mehr nur um Spritpreise, sondern um die Erhöhung der Löhne und der Renten und gegen die soziale Ungleichheit.“

Diese Fragen seien auch in Deutschland sehr relevant, sagt Benni. „Eigentlich müsste ein Generalstreik ausgerufen werden. Es bewegt sich erst etwas, wenn alle zusammen streiken. Die Bewegung in Frankreich müsste zu einer europäischen Bewegung werden.“

Der 27 Jährige hatte jahrelang in verschiedenen Leiharbeitsfirmen gearbeitet, obwohl er eine Ausbildung zum Lebensmitteltechniker abgeschlossen hat. Vor zwei Jahren wurde er dann als Leiharbeiter in einem Subunternehmen im BMW-Werk angestellt und vor einem Jahr dort übernommen – allerdings befristet. „Jetzt haben sie mich gerade um ein weiteres Jahr verlängert. Trotz sehr guter Leistungen und geringem Krankenstand erhalte ich keine unbefristete Stelle.“

Auf dieser Grundlage könne er keine Zukunft planen. Er ist seit drei Jahren mit seiner Freundin zusammen und sie wünschen sich Kinder. „Aber Kinder sind heute ein Luxusgut geworden, das wir uns nicht leisten können“, meint Benni. Die Kosten würden jedes Jahr steigen, aber sie bekämen nur ihren Niedriglohn.

Benni hat schon in den Tagen zuvor den Wahlaufruf der SGP gelesen und meint, dass die Partei gute Ansätze habe. Soziale Gleichheit müsse das Prinzip sein, nach dem die Gesellschaft organisiert ist.

 

Auch Michael findet die Bewegung in Frankreich gut und wünscht sich, dass sie ausgeweitet wird. „Wenn alle streiken würden, ein Generalstreik, dann würde sich etwas ändern!“ Er ist 48 Jahre alt und arbeitet bei Edeka. Er berichtet, wie die Mitarbeiter dort immer schärfer kontrolliert und unter Druck gesetzt werden. Er selbst wurde teilversetzt und muss jetzt jeden Tag zwei Stunden pendeln. Eigentlich will er umziehen, aber daran ist angesichts der steigenden Mieten nicht zu denken. „Das wird hier immer mehr wie in den USA. Du brauchst drei Jobs, um dich über Wasser zu halten.“

Besonders bemerkenswert an den Gelbwesten in Frankreich findet er, dass sie unabhängig von den Gewerkschaften stattfinden, denn mit diesen hat er schlechte Erfahrungen gemacht. „Die reden nur blabla, machen ein bisschen was und hören gleich wieder auf.“

 

Diese Erfahrung haben auch die Beschäftigten der Berliner Feuerwehr gemacht, die vor sehr ähnlichen Fragen stehen, wie die Gelbwesten. Seit Jahren sind mit ständig schlechter werdenden Arbeitsbedingungen konfrontiert und stehen dabei in direkter Konfrontation mit dem rot-rot-grünen Berliner Senat und der Gewerkschaft Verdi.

Seit vergangener Woche protestieren Feuerwehrleute, die sich in dem Verein BerlinBrennt e.V. zusammengeschlossen haben, für bessere Arbeitsbedingungen. Sie fordern eine deutliche Erhöhung von Zulagen, Regelbeförderung und flexiblere Dienstplangestaltung. Die Berliner Feuerwehr sei „personell am Boden“ erklärt Reinhard Hampel, vom Vorstand des BerlinBrennt e.V. Durch 12 Stunden-Schichten bei einer 44 Stunden-Woche und in ständiger personeller Unterbesetzung seien die Kollegen extrem belastet. „Seit 1995 wird ständig gespart“, so Hampel. Gerade unter der Koalition von Linkspartei und SPD wurde die soziale Infrastruktur der Hauptstadt radikal ausgedünnt. Heute setzen beide Parteien diesen Kurs mit Unterstützung der Grünen fort.

Bereits im März und April dieses Jahres protestierten hunderte Feuerwehrleute gegen die miserablen Arbeitsbedingungen, die letztlich das Leben der Bevölkerung gefährden. Dann vereinbarte Verdi mit dem Senat geringfügige Verbesserungen, für die es aber nicht einmal feste zeitliche Zusagen gibt. Selbst wenn die versprochenen Stellen und neue Ausrüstung kommen sollten, wäre das nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein.

Deshalb haben sich die Arbeiter unabhängig von den Gewerkschaften und gegen deren massiven Widerstand erneut für ihre Proteste ans Rote Rathaus begeben. Dort stehen sie nun vor einer brennenden Tonne und tragen wie die Demonstranten in Frankreich Warnwesten, manche davon gelb.

Hampel erklärt, dass dies allerdings keinen direkten Bezug zu Frankreich habe. Es sei eher durch ein Verbot der Feuerwehrleitung bedingt, die das Tragen von Dienstkleidung bei den Protesten unter Androhung arbeitsrechtlicher Maßnahmen untersagte. Also wichen die Arbeiter auf die Warnwesten aus.

 

Tatsächlich besteht aber ein direkter Zusammenhang zwischen dem Protest der Berliner Feuerwehr und den Gelbwesten in Frankreich, erklärte Markus Klein, Kandidat der Sozialistischen Gleichheitspartei (SGP) für die Europawahlen im nächsten Jahr, im Gespräch mit Hampel. „So wie in Frankreich sind Arbeiter nicht nur mit den Angriffen der Regierung, sondern auch der Gewerkschaften konfrontiert“, so Klein. „Arbeiter in ganz Europa sind mit den gleichen Problemen konfrontiert und deshalb ist die Bewegung in Frankreich ganz objektiv Ausdruck einer europäischen Bewegung.“

Die zentrale Frage sei daher, die Arbeiter des Kontinents auf der Grundlage eines sozialistischen Programms zu vereinen. Für diese Perspektive kämpft die SGP gemeinsam mit ihren Schwesterparteien in Frankreich und Großbritannien in den kommenden Europawahlen.

 

Kommentar dort:

harald_1 • vor 9 Stunden

Die solidarisch anwachsende Wut der Arbeiter nicht nur bei Bayer spiegelt die Verachtung und die Ablehnung der betrügerischen Politik der sogenannten Sozialpartnerschaft in zahlreichen Branchen wieder. Sozialpartnerschaft wird und wurde stets dazu eingesetzt, um mit Hilfe der Gewerkschaften die Arbeiterschaft scheibchenweise um ihre Lebensgrundlagen zu bringen. Arbeitsplatzabbau und Niedriglöhne sowie irreguläre Beschäftigung unter Tarifen gehen Hand in Hand, im privaten und im öffentlichen Sektor. An unseren Schulen sind z.T. 20% der Beschäftigten entweder noch Studierende, befristete Vertretungskräfte, Quereinsteiger ohne komplette Lehrbefähigung, oder sie sind nur mit Billiglöhnen zur Aufsicht in den Nachmittagsstunden eingesetzt. Auch hier ist die Unzufriedenheit groß, denn die zunehmend benötigten Ausfallreserven müssen täglich von der verminderten Anzahl der "Normalbeschäftigten" getragen werden.

 

Die Lage in ganz Europa wird zunehmend angespannter, was u.a. die Aktienmärkte mit deutlichen Abschlägen im Laufe der letzten Woche registriert haben. Scharfschützen auf den Dächern von Paris gegen Aufstände von Arbeitern, Studenten und Schülern in ganz Frankreich, sowie ähnliche Demonstrationen der Lastwagenfahrer in Belgien, den Niederlanden und Bulgarien beweisen, dass die Lebenslage der Bevölkerungsmehrheit einen Punkt erreicht hat, der einen europaweiten Aufstand oder einen revolutionären Zusammenstoß erzeugen kann, wenn nicht sofort, dann in absehbarer Zeit. Arbeiter, Lehrer und Schüler in Europa und den USA bewundern ganz offensichtlich den Mut der Gelbwesten, wie die WSWS berichtet.

 

Wie aber reagiert die Finanzaristokratie auf die Offensive der Arbeiterschaft und Jugend? Zwar wurde am Freitag in Deutschland der Aufsichtsratsvorsitzende Friedrich Merz von Blackrock Europa, deren Mehrheitsanteile am deutschen Wohnungsgiganten Vonovia entgegen dem Trend am Aktienmarkt angestiegen waren, nur knapp an der Übernahme des CDU-Vorsitzes und damit dem direkten Weg in die Kanzlerschaft gehindert. Doch nun wird Merzens flüchtlingsfeindliche Politik und seine unverhüllte Interessenvertretung für Großkonzerne und Aufrüstung mehr und mehr zum Hauptprogrammpunkt der CDU auch unter Frau Kramp-Karrenbauer, die Arm in Arm mit der SPD und aus Furcht vor der AFD ungebremst weiter nach rechts ziehen. Die Besitzenden werden jedoch das, was sie einst gerufen haben, nicht mehr los

 

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Razzien und Kriegszustand in der Ukraine: Geheimdienst verhaftet anarchistische Aktivisten. Parlament kündigt Freundschaftsvertrag mit Russland

(Von Reinhard Lauterbach, www.jungewelt.de/artikel/345057.ukraine-razzien-und-krieg...)

 

In der westukrainischen Stadt Lwiw geht der Geheimdienst SBU gegen Linke vor. Am Donnerstag abend berichtete das Portal strana.ua, Oleg Kordyjaka und Taras Bogaj, Aktivisten der anarchistischen Gruppen »Schwarze Flagge« und »Ökologische Plattform«, hätten ungebetenen Besuch von SBU-Agenten bekommen. Ohne richterlichen Durchsuchungsbefehl wurden die Wohnungen der beiden gefilzt und Telefone, Computer und Festplatten beschlagnahmt. Angeblich um zu klären, ob die beiden im vergangenen Mai im 500 Kilometer entfernten Kiew an einem Überfall auf einen »Helden der Antiterroroperation« beteiligt waren.

 

Irina Juzik, eine andere Aktivistin aus Lwiw, nannte die Vorwürfe »an den Haaren herbeigezogen«. Sie gehe davon aus, dass die linke Szene in der Stadt eingeschüchtert werden soll. Der Geheimdienst habe Kordyjaka und Bogaj während des Verhörs aufgefordert, ihre Arbeit einzustellen, wenn sie »Probleme« vermeiden wollten. Die Anarchisten hatten in den vergangenen Monaten mit Mahnwachen gegen die Pogrome von Nationalisten gegen Roma protestiert und bei anderer Gelegenheit Plakate hochgehalten, auf denen es hieß: »SBU und Innenministerium waren die ersten, die die Krim aufgegeben haben.« Nach den von den Veranstaltern im Internet veröffentlichten Bildern zu folgern, haben an den Kundgebungen jeweils einige Dutzend Menschen teilgenommen, die Aktionen verliefen völlig gewaltfrei.

 

Unterdessen versucht die ukrainische Führung es als Formalie darzustellen, dass in zehn der 24 Verwaltungsbezirke des Landes der Kriegszustand eingeführt wurde. Ministerpräsident Wolodimir Groisman sagte diese Woche, dieser könne vielleicht sogar schon vorfristig aufgehoben werden. Präsident Petro Poroschenko erklärte, die Verschärfungen träten ausschließlich im Fall einer »Aggression Russlands zu Lande« in Kraft. Das scheint wenig logisch, weil demnach zum Beispiel ein russischer Luftangriff auf Charkiw oder ein Beschuss des Hafens von Odessa vom Meer aus nicht darunter fallen würde.

Im übrigen verlegte Poroschenko Luftlandetruppen an die ukrainisch-russische Grenze, in Teilen der betroffenen Gebiete wurde die Jagd verboten, und an den Ausfallstraßen von Odessa postierte die Polizei Panzerfahrzeuge. In zwei Fällen hätten sich Autofahrer der Kontrolle entzogen, die Gründe dafür seien allerdings keine politischen gewesen, sagte ein Polizeisprecher: Die Fahrer waren betrunken. Der Bürgermeister von Odessa, Gennadij Truchanow, verfügte ein Verbot des Verkaufs von Alkohol an Männer in Uniform. Die einzigen derzeit in Odessa auftretenden Uniformträger gehören den ukrainischen Behörden oder den Nazibataillonen an, und die Bevölkerung hatte sich immer wieder über die in alkoholisiertem Zustand begangenen Ausschreitungen von »Vaterlandsverteidigern« jeder Art beschwert.

 

Am Donnerstag nachmittag verabschiedete das ukrainische Parlament zudem mit deutlicher Mehrheit ein Gesetz, das den ukrainisch-russischen Freundschaftsvertrag von 1997 mit Wirkung zum 1. April 2019 aufkündigt. Es folgte damit einem Antrag von Präsident Poroschenko. Damit wurde zwar gegen die halbjährliche Kündigungsfrist des Abkommens verstoßen, aber der Präsident hatte angekündigt, das Land solle »am Morgen nach der Präsidentenwahl«, die am 31. März des nächsten Jahres stattfindet, »in eine Zukunft ohne Russland aufbrechen«.

 

Oppositionspolitiker wiesen darauf hin, dass der aufgekündigte Vertrag auch eine Garantie der ukrainischen Grenzen enthält. »Wenn also Russland vorhaben sollte, die nicht von uns kontrollierten Gebiete anzuerkennen oder zu annektieren, hat Poroschenko dies erleichtert«, sagte der potentielle Präsidentschaftskandidat der Opposition, Jurij Boiko.

 

Russland reagierte zunächst nicht. Dmitri Peskow, Sprecher des russischen Präsidenten Wladimir Putin, zitierte den Präsidenten zuvor mit den Worten, er werde bis zu den Wahlen keine Anrufe von Poroschenko entgegennehmen. Er halte es nicht für seine Aufgabe, sich an dessen »Wahlkampfmanövern« zu beteiligen.

 

 

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Uploaded on December 9, 2018
Taken on January 9, 2011