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Der Palast der Republik wird zerstört. Während BRD-Gebäude mit wesentlich mehr Asbestbelastung stehenbleiben, wurde unser DDR-Bauwerk unter diesem Vorwand vernichtet. Obwohl in der Palast-Luft weniger Asbest messbar war als in der Westberliner Luft.

Schuften für Sozialhilfe: Armut trotz Arbeit

Mehr als 33 Prozent der Beschäftigten erwartet nach 45 Arbeitsjahren eine Rente unterhalb der Grundsicherung

(Von Susan Bonath, www.jungewelt.de/artikel/344836.arm-trotz-arbeit-schuften...)

 

Das Rentenkürzungspaket der Bundesregierung trifft auf einen wachsenden Niedriglohnsektor voll prekärer Arbeitsverhältnisse: Noch mehr Ältere als gedacht werden wohl ihren Lebensabend in Armut verbringen. Das ergibt eine neue Rentenprognose der Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten (NGG). Laut des am Montag vorgestellten Papiers drohen 12,8 Millionen Beschäftigten in Deutschland Altersbezüge unterhalb der Sozialhilfe – und zwar nach 45 Jahren im Beruf. Damit würden rund 42 Prozent der heute Arbeitenden im Alter weniger als 785 Euro erhalten. Das ist der aktuelle durchschnittliche Sozialhilfesatz für Alleinstehende.

 

Für die NGG-Analyse haben Wissenschaftler vom Pestel-Institut in Hannover zahlreiche Statistiken ausgewertet. Die Autoren gingen vom aktuellen Einkommen aus und legten ein Rentenniveau von 48 Prozent zugrunde. Letzteres ließ die Bundesregierung durch ein jüngst vom Parlament beschlossenes Rentenpaket allerdings nur bis zum Jahr 2025 festschreiben. Würde die gesetzliche Rente danach weiter auf ein Level von 43 Prozent gesenkt werden, fielen noch weit mehr Beschäftigte unter die Sozialhilfegrenze: »Dann würde es mehr als 16 Millionen Menschen in Deutschland geben, die nach 45 Beitragsjahren bei einer Rente landen, die geringer als die Grundsicherung ist«, führen die Autoren aus.

 

»Das sind alarmierende Zahlen«, betonte die stellvertretende NGG-Vorsitzende Claudia Tiedge. Wer ein Leben lang gearbeitet habe, müsse im Alter von seiner Rente leben können. Die Sicherung des Niveaus von 48 Prozent bis 2025 reiche bei weitem nicht aus, um die Altersarmut zu bekämpfen, warnte Tiedge. »Am Ende stehen das Vertrauen in die staatliche Vorsorge und der gesellschaftliche Zusammenhalt auf dem Spiel.«

 

Tiedge wandte sich auch an die Unternehmen: »Klar ist, dass aus Minilöhnen keine Spitzenrenten werden«, so die NGG-Vizechefin. Beschäftigte im Gastgewerbe und Bäckerhandwerk seien besonders betroffen. »Viele müssen im Alter aufstocken«, sagte sie. Das liege auch daran, dass Hoteliers, Bäcker und Gastronomen vor allem auf Aushilfen mit wenigen Wochenstunden setzten. Sie sollten besser »reguläre Vollzeitstellen schaffen«, schlug Tiedge vor. Auch hätten viele Unternehmer bei der Entlohnung meist Spielraum nach oben. Den Staat sieht sie in der Pflicht, ein auskömmliches Niveau der gesetzlichen Rente zu sichern. »Und die Arbeitgeber müssen bei Löhnen, Arbeitszeiten und Zusatzvorsorge viel mehr tun, damit Menschen ihren Lebensabend genießen können«, erklärte sie.

 

In Berlin beispielsweise wirft der vorgelegten Auswertung zufolge der aktuelle Lohn von 490.000 Menschen – einem knappen Drittel aller Jobinhaber –, hochgerechnet auf 45 Arbeitsjahre, weniger als den Sozialhilfesatz ab. Dieser liegt dort bei 801 Euro, wenn die Mietobergrenze erreicht ist. In Halle in Sachsen-Anhalt ist der Anteil der Armutsgefährdeten etwa ebenso hoch. Wegen geringerer anrechenbarer Wohnkosten wird hier aber maximal eine Grundsicherung von 740 Euro gezahlt. Wenig überraschend ist ein weiteres Fazit der Prognose: Frauen sind besonders von Altersarmut bedroht. Laut Zahlen der Deutschen Rentenversicherung liegt ihre durchschnittliche Rente heute bei gerade einmal 606 Euro.

 

Das Problem bei besonders niedrigen Renten ist, dass Wohngeld oft nicht genügt, um das Niveau der Grundsicherung zu erreichen. Wer dann mit letzterer aufstocken muss, landet exakt an der Sozialhilfegrenze auf dem Level des ALG II. Diese liegt derzeit bei 416 Euro plus Miete, soweit sie der Region entsprechend »angemessen« ist. Freibeträge gibt es bei der Rente nicht. Diese gelten ausschließlich für Einkommen aus Erwerbsarbeit.

 

Im Juni dieses Jahres stockten 1,08 Millionen Rentner mit Grundsicherung auf, wie aus Zahlen des Statistischen Bundesamtes hervorgeht. Das waren mehr als doppelt so viele wie 2003 vor Einführung der Agenda 2010. Die Dunkelziffer derer, die ihren Anspruch auf Grundsicherungsleistungen nicht geltend machen, dürfte aber hoch sein: Bereits im Jahr 2016 erhielt jeder zweite Rentner (8,6 Millionen) weniger als 800 Euro. Dies hatte das Bundesministerium für Arbeit und Soziales in diesem Juli auf Anfrage der Linksfraktion mitgeteilt.

 

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»Klar, dass das Herrschenden nicht gefällt«

Der rechtsextreme Innenminister Seehofer will Verein »Rote Hilfe« verbieten lassen, um die Bevölkerung besser überwachen und verfolgen zu können. (www.rote-hilfe.de). Solidarität als Zeichen gegen Repression gefordert. Das letzte Mal wurde die Rote Hilfe unter den Nazis verboten.

(Gespräch mit Anja Sommerfeld. Von Markus Bernhardt, www.jungewelt.de/loginFailed.php?ref=/artikel/344821.repr...)

 

Medienberichten zufolge will Bundesinnenminister Horst Seehofer Ernst machen und den Verein »Rote Hilfe« verbieten. Warum ist Ihre Organisation dem CSU-Politiker ein Dorn im Auge?

 

Wir leisten politische und finanzielle Unterstützung für von Repression und Polizeigewalt betroffene Aktivistinnen und Aktivisten. Darüber hinaus tragen wir dazu bei, dass sie ihre Rechte kennen, und raten im Fall von Beschuldigungen zur Aussageverweigerung. Die Rote Hilfe engagiert sich gegen Organisationsverbote und kritisiert Gesetzesverschärfungen wie aktuell die drohenden neuen Polizeigesetze. Unsere Solidarität gilt den politischen Gefangenen in der BRD und überall auf der Welt. Es ist klar, dass das den Herrschenden nicht gefällt. Denn wir sind parteiisch links und tragen mit dazu bei, dass von Repression Betroffene nicht allein gelassen oder finanziell ruiniert werden.

 

 

Was sollte daran verwerflich sein, politische Gefangene zu unterstützen?

 

Die Behörden hierzulande behaupten ja, dass es zumindest in Deutschland keine politischen Gefangenen gibt. Das ist großer Unsinn. Natürlich existiert eine politische Justiz, die zum Beispiel im größten Kommunistenprozess in München zehn angebliche Mitglieder der Kommunistischen Partei der Türkei/Marxistisch-Leninistisch, kurz TKP/ML, verurteilen will (siehe jW vom 11.8.). Zudem werden kurdische Politiker eingesperrt, Aktivisten im Hambacher Forst angeklagt oder Proteste gegen rechts kriminalisiert. Wir thematisieren diese Zustände und bündeln die Solidaritätsarbeit. Zum 18. März, dem Tag der politischen Gefangenen, geben wir jährlich eine Zeitung heraus und machen eine Vielzahl an Veranstaltungen, Workshops und Demonstrationen, um die Forderung nach ihrer Freilassung nach vorne zu bringen. Das ist alles andere als verwerflich, aber es behindert den ungestörten Ablauf der Repressionsorgane, die alles Linke am liebsten still und heimlich aburteilen würden.

 

 

Das letzte Mal wurde die Rote Hilfe unter den Nazis verboten. Die neuerliche Verbotsdrohung kommt in einer Zeit, in der Polizeigesetze überall in Deutschland verschärft und Grundrechte offensiv abgebaut werden. Gibt es einen Zusammenhang?

 

Den sehe ich eindeutig. Die Gesetze sollen verschärft werden, um die Bevölkerung im Allgemeinen und linke Bewegungen im Besonderen besser überwachen und verfolgen zu können. Die Rote Hilfe gehört zu den stärksten Kritikerinnen dieses Vorhabens. Natürlich sind wir unbequem und passen nicht ins Repressionskonzept der Behörden.

Generell wird zur Zeit stark gegen links gehetzt. Rechte Abgeordnete fordern etwa ein Verbot der Interventionistischen Linken und in NRW möchte CDU-Landesinnenminister Herbert Reul die Linksjugend stärker überwachen lassen. Letztere ist die Jugendorganisation einer Partei, die an mehreren Landesregierungen beteiligt ist und in Thüringen sogar den Ministerpräsidenten stellt. Das sind zwar erst einmal nur Forderungen, aber es zeigt, wo die Reise hingehen soll. Es sind Beispiele dafür, wie weit rechts Teile des Apparats stehen. Während gerade ein rechtes putschistisches Netzwerk in Polizei, Geheimdienst und Militär recherchiert und aufgedeckt wurde (siehe jW vom 21.11.), richtet sich die staatliche Propaganda gegen links. Die politische Antwort darauf sollte kollektiv aus der gesamten Linken kommen, die sich gegen diese Angriffe positionieren muss.

 

 

Sie erhalten aktuell nicht nur Solidaritätserklärungen von Politikern, Journalisten und Künstlern – es sind auch mehrere Abgeordnete Mitglied der Roten Hilfe geworden.

 

Es ist natürlich toll, dass Abgeordnete wie Kathrin Vogler und Sylvia Gabelmann aus der Bundestagsfraktion von Die Linke demonstrativ eingetreten sind. Auch Patrik Köbele, Vorsitzender der DKP, ist vor ein paar Monaten Mitglied geworden, als wir öffentlich attackiert wurden. Ob das ein Verbot verhindern wird, weiß niemand. Aber eine aktive, strömungsübergreifende Mitgliedschaft macht uns handlungsfähiger für die politischen Aufgaben, die vor uns liegen. Ich möchte mich bei allen bedanken, die in den letzten Tagen gegen die Verbotsdrohungen protestiert haben oder in die Rote Hilfe eingetreten sind. Das sind starke Zeichen der Solidarität.

 

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Die Rote Hilfe ist manchen Behörden ein Dorn im Auge, weil sie politische Repression öffentlich thematisiert und Partei für die Betroffenen ergreift. (aus www.jungewelt.de/artikel/344692.teil-der-politischen-land...)

 

Zu den Medienberichten vom Freitag, dass Bundesinnenminister Horst Seehofer ein Verbot des Vereins »Rote Hilfe« plane, erklärte der Vorsitzende der DKP, Patrik Köbele, am Samstag:

 

Warum könnte Seehofer gegen die Rote Hilfe vorgehen wollen? Weil die Rote Hilfe hilft. Sie hilft denen, die von den Behörden mit Strafverfolgung und Berufsverboten bedroht werden, weil sie gegen Faschisten, Kriegstreiber und Konzernherren aktiv sind. Seehofer steht – nicht erst, seit er Innenminister ist – für eine Politik, die demokratische Rechte abbaut. Die neuen Polizeigesetze bedrohen alle, die sich konsequent für eine bessere Gesellschaft einsetzen – und dann empört sich der Verfassungsschutz darüber, dass die Rote Hilfe diejenigen unterstützt, die von Staatsanwälten und Richtern zu Straftätern abgestempelt worden sind. Wir als Kommunisten brauchen die Rote Hilfe. Auch Mitglieder der DKP werden wegen ihres Engagements vor Gericht gestellt und von der Roten Hilfe unterstützt. Darum werden wir sie mit aller Kraft unterstützen, wenn der Innenminister tatsächlich ein Verbot vorbereiten sollte.

 

Zum gleichen Thema teilte Anja Sommerfeld, Mitglied im Bundesvorstand der »Roten Hilfe«, am Freitag abend mit:

 

Vieles an den Berichten über ein angebliches Verbot unseres Vereins erscheint erst mal unklar. Wir wissen nicht, ob es sich um ein vorschnelles Statement aus dem Umfeld des durch Wahldebakel und Maaßen-Affäre politisch angeschlagenen Bundesinnenministers Horst Seehofer handelt, oder ob er selbst die Absicht verfolgt, den Verein Rote Hilfe zu verbieten. Falls es zu einem Verbotsverfahren kommen sollte, werden wir uns natürlich juristisch und politisch verteidigen. Die Arbeit der Roten Hilfe ist legitim. Wir stehen linken Aktivisten und sozialen Bewegungen mit Rat und Tat zur Seite, wenn es zu Repression, Polizeigewalt oder Grundrechtsverletzungen kommt. Mit dieser Arbeit sind wir seit Jahrzehnten Teil der politischen Landschaft in der BRD. Das mag konservativen und rechten Kreisen nicht gefallen, rechtfertigt aber kein Verbot.

Die Rote Hilfe ist manchen Behörden ein Dorn im Auge, weil sie politische Repression öffentlich thematisiert und Partei für die Betroffenen ergreift. Die Rote Hilfe ist ein offener, pluraler Verein für alle linken Initiativen und sozialen Bewegungen. Wir geben Hilfestellung im Fall von Ermittlungsverfahren oder Verurteilungen. Zum Beispiel vermitteln wir Anwälte oder leisten finanzielle Unterstützung, damit Aktivisten nach einem langwierigen Verfahren nicht vor dem Ruin stehen.

Angesichts der repressiven Verhältnisse und einer Verschiebung des politischen Diskurses nach rechts ist die Arbeit der Roten Hilfe notwendiger denn je. Egal ob es sich um Repression im Hambacher Forst, die Unterstützung von Demonstranten gegen AfD-Parteitage oder die Forderung nach Freilassung von in Deutschland vor Gericht stehenden türkisch-kurdischen Oppositionellen handelt: Die Rote Hilfe steht an der Seite der Betroffenen und bündelt die Solidaritätsarbeit für die Betroffenen. Das ist der Grund, warum wir Mitgliederzulauf bekommen, für den wir sehr dankbar sind. Wir rufen alle Menschen aus den sozialen Bewegungen auf, unserer pluralen strömungsübergreifenden Organisation beizutreten.

 

 

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Der Staat gegen die Linke

Horst Seehofer fordert ein Verbot der Roten Hilfe – und versucht so, legitimen linken Aktivismus zu diffamieren, zu kriminalisieren und zu unterbinden

(Elisa Nowak, aus www.freitag.de/autoren/elisanowak/der-staat-gegen-die-linke)

 

Die Rote Hilfe e.V. (RH) ist eine Organisation, die im linken Spektrum Aktivist*innen juristisch unterstützt, welche in Konflikt mit dem deutschen Rechtsstaat kommen. Ihr Augenmerk liegt auf der Unterstützung für politisch Gefangene, und sie bekennt sich zu einer antifaschistischen Gesellschaft. Sie erkennt ihre Arbeit als parteiunabhängiges Solidaritätsnetzwerk, das jedem politisch aktiven Menschen Schutz gewehrt, der nicht dem Selbstverständnis entgegenwirkt. Im Sinne der RH definiert sie den Schutz für politisch aktive Menschen, die aufgrund eines „antifaschistischen, antisexistischen [oder] antirassistischen“ Grundes vom Rechtsstaat angegriffen werden. Ferner unterstützt die RH den Kampf für gewerkschaftliche und demokratische Rechte, gegen den Militarismus und setzt sich auch für eine Entkriminalisierung der kurdischen Bewegung ein. Dazu gehört die Streichung der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) als „terroristische Vereinigung“ und der Kampf für Genoss*innen von türkisch-kurdischen Parteien und Organisationen, die gegen die Regierung Erdoğan agitieren. Neben „einfachen Mitgliedern“ finden sich viele Abgeordnete der Linken wie Ulla Jelpke, Katja Kipping und Sevim Dağdelen in der RH wieder, sowie die ehemalige Bundessprecherin der Grünen Jugend Sina Doughan. Die Hilfsorganisation der politischen Linke war der herrschenden Klasse seit jeher ein Dorn im Auge. Nun fordert der Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) deren Kriminalisierung.

 

Der sogenannte Verfassungsschutz listet in seinem Bericht 2017 die RH als „linksextremistische Organisation“, die „die rechtsstaatliche Demokratie zu diskreditieren“ versucht. Vorträge über „staatliche Repression“ werden ihr darüber hinaus negativ angelastet, und man wirft ihr mangelnde Zusammenarbeit vor. Bereits die Vorgängerorganisation der RH unter dem Namen Rote Hilfe Deutschlands (RHD), die von 1924 bis 1936 existierte, wurde in der Weimarer Republik als demokratiefeindliche Vereinigung betrachtet. Sie stand der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) nahe und vertrat die Rechte der Arbeiter*innen und politischen Aktivist*innen, hauptsächlich im Umfeld des Roten Frontkämpferbundes, ehe sie 1933 von den Faschist*innen verboten und letztlich 1936 zerschlagen wurde. Das Verhalten Seehofers im Jahre 2018 steht in kontinuierlicher Tradition der herrschenden Klasse der schleichenden Zerschlagung des linken Widerstands. Bereits unter dem ehemaligen Bundesinnenminister Thomas de Mazière (CDU) wurde das Internet-Portal linksunten.indymedia verboten, die Rote Flora in Hamburg und die Rigaer Straße 94 in Berlin stehen unter permanenter staatlicher Repression. Die Schlussfolgerung ist daher nicht ganz unerwartet, wobei die Intensität überrascht. Auch hat die plötzlich neue Politik der Deutschen Post AG einen bitteren Beigeschmack, die die linke Tageszeitung junge Welt (jW) mit einem faktischen Aufschlag von 28,5% Porto-Kosten angreift. Der gesellschaftliche Rechtsruck sieht in der Linken einen traditionellen Feind, der erfahrungsmäß mit den Mitteln des Staates begegnet wird.

 

Der Angriff auf die RH ist ein genereller Angriff auf die unabhängige Juristerei. Während es den Herrschenden des Staates kaum ein Achselzucken wert ist, wenn Faschist*innen und Neonazis von Anwält*innen der politischen Rechte vertreten werden, wird die linke Solidarität untereinander als direkten Angriff auf den Staat gewertet. Das Selbstverständnis der RH, nur jene Aktivist*innen zu unterstützen, die nicht willentlich und unpolitisch motivierte Straftaten begingen, wird geflissentlich ignoriert. Der pauschale Vorwurf der grundsätzlichen Unterstützung von nicht näher benannten „Straftäter*innen“ gehört zum Instrument des Bundesinnenministeriums. Untermauert wird dieser forcierte Klassenkampf auch von der politischen Stärke der Alternative für Deutschland (AfD), die beispielsweise im Land Sachsen-Anhalt eine Enquete-Kommission zur „Untersuchung von Linksextremismus in Sachsen-Anhalt“ ins Leben riefen. Auch mit Unterstützung der Landtagsfraktion der Christlich Demokratischen Union (CDU). Die aufbauende Kriminalisierung linken Widerstands und Politisierung entwickelt sich zu einem innenpolitischen Kampf. Die Solidaritätskundschaften in Folge der Verbotsforderung der RH sind jedoch ein Zeichen der Nichtakzeptanz des demokratischen Selbstverständnisses der Regierung. Der Angriff gegen die RH ist ein direkter Angriff auf die Einheit der politischen Linken als solche.

 

Mit etwa 9.000 Mitgliedern stellt die Organisation ein wichtiges und unabdingbares Netzwerk da. In ihrem Wirken ist sie dabei hochpolitisch – und wirkt auch dahingehend als „Problem“ der Bundesregierung. Wenn immer der sogenannte Rechtsstaat ein politisches Verfahren eröffnet oder ankündigt, ist es im eigenen Interesse, diesen zu entpolitisieren. De facto allerdings sind politische Gerichtsurteile kein Novum in der Geschichte der BRD und widerspiegeln dahingehend immer das Rechtsverständnis der Herrschenden. Dieses Faktum greift die RH auf und stellt sich bewusst in die Tradition der sozialistischen Bewegung, um als Akteurin eines gesellschaftlichen Wandels aufzutreten. Die radikale Politisierung des Rechtsstaats ließ sich auch in den etlichen Verfahren aufgrund des G20-Gipfels in Hamburg erleben, in der es zu regelrechten Abstrusitäten kam, wie der Anklage und folgenden Hausdurchsuchung eines Studenten, der zur „Tatzeit“ in Japan war. Dieses Unmachtspiel wird konterkariert durch das Gewaltmonopol der Polizei. Es muss bewusst gemacht werden, dass die orchestrierte Verletzung des demokratischen Minimalkonsens durch die herrschende Klasse autoritären Kräften leichtes Spiel macht, da de facto im Schulterschluss ein gemeinsamer politischer Feind bekämpft wird. Das Versteckspiel hinter der „freiheitlichen demokratischen Grundordnung“ wirkt dabei höhnisch, die beliebig frei und unwidersprochen ausgelegt werden kann.

 

Die Existenz der RH ist ein unverzichtbares Instrument der politischen Linken und der Demokratie an sich. Ulla Jelpke bilanzierte, dass „[d]as Verbot dieses linken Solidaritätsvereins ... ein rein politisch kalkuliertes Manöver“ wäre, „das denn Widerstand gegen Rechtsentwicklung und Demokratieabbau schwächen würde.“ Mit dem Hintergrund der drei Kandidat*innen für den Vorsitz der CDU – und hernach potentieller Bundeskanzler*innen – ist von einem weiteren Rechtsruck auszugehen, der die politische Linke weiter in die Defensive zwingen wird. Der Angriff auf die RH, die Rote Flora, Rigaer 94 und weitere linke Organisationen, Zentren und Gruppen ist eine gezielte Kriegserklärung, die mit unfairen Mitteln begangen wird. Der Antifaschismus ist zum Staatsfeind verkommen, derweil der politische und gesellschaftliche Rechtsruck voranschreitet. Sollte das Verbot Wirklichkeit und die Rote Hilfe kriminalisiert werden, ist dies nicht nur ein empfindlicher Schlag gegen die Linke, sondern das Begräbnis des demokratischen Selbstverständnisses. Die BRD als selbsternannte Wahrerin der Demokratie manövriert sich in deren Autokratisierung und läuft Gefahr, die Geschichte nicht als Farce zu wiederholen, sondern als Barbarisierung. Der Staat befindet sich an einem Wendepunkt, in dem er sich die Frage stellen muss, wessen Geistes Kind er sein möchte. Der politischen Linken als kritisches Korrektiv ist die Offensive auferlegt, um nicht nur die Kriminalisierung des eigenen Netzwerkes zu verhindern, sondern die Gesellschaft grundsätzlich zu ändern.

 

 

bln1703 111sc5

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Uploaded on December 5, 2018
Taken on March 13, 2005