Nachricht von Tanja an Sascha, Rückeite einer Glückwunschkarte zum Jahreswechsel, Nachrichtenbunker Vogelsang / в бункере ГСВГ Фогельзанг
Im sowjetischen Nachrichtenbunker Vogelsang fand ich 2010 diese verwitterte Neujahrskarte mit einer Nachricht von Tanja an Sascha, (Aufdruck 1988). Inzwischen sind beide Bunkereingänge verschlossen.
Übersetzung:
"Sascha! Ich gratuliere Dir zum neuen Jahr. Ich wünsche Dir alles Gute, Erfolg Dir bei Deinem nicht leichten Dienst. Tanja"
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Mit der Annexion der DDR begann ein noch heute andauernder Niedergang der kulturellen Infrastruktur
(von Hermann Falk in www.jungewelt.de/artikel/324378.wo-ist-das-alles-gebliebe...)
Trotz aller Probleme und ökonomischen Zwänge ermöglichte die DDR sämtlichen Schichten der Bevölkerung Zugang zu Kultur und Kunst. Zeugen der großzügigen Förderung waren die großen Kulturpaläste in nahezu allen Bezirksstädten. 1985 gab es mehr als 1.000 Kulturhäuser, darunter die repräsentativen der großen Kombinate wie Bitterfeld oder Leuna, der Werften in Rostock und Wismar, der Stahlwerke in Riesa und Eisenhüttenstadt, des Petrolchemisches Kombinats Schwedt usw. Bei 65.900 Veranstaltungen in diesen Häusern wurden 1985 etwa 66 Millionen Besuchern gezählt. Mancher mag heute spotten über das Ziel der DDR, eine »allseitig gebildete Nation« zu entwickeln, aber unter diesem Motto wurden breiteste Kreise der Bevölkerung an Kunst und Kultur herangeführt, bis in die kleinsten Dörfer hinein.
Vermutlich nirgendwo auf der Welt gab es auf so kleinem Territorium eine solche Vielfalt künstlerischer Ensembles, von denen einige weltweit bei Festivals auftraten. Jährlich wurden bis zu 80 Auslandstourneen mit mehr als 400 Konzerten bzw. Vorstellungen organisiert. Die DDR war ein bedeutendes Theaterland mit einer Vielzahl international anerkannter Regisseure und Ensembleleistungen. Neben einer soliden Ausbildung der Künstler war das der Entwicklung eines breit interessierten und inspirierenden Publikums zu verdanken. Wo ist das alles geblieben? Die kulturelle Infrastruktur wurde systematisch abgebaut, Kulturhäuser wurden Lagerhallen oder abgerissen wie der Palast der Republik, Orchester und Theater wurden aufgelöst oder verkleinert. Und es ist noch nicht zu Ende, wie das Beispiel der Berliner Volksbühne zeigt.
Die Künstleragentur der DDR wurde im Ausland besonders dafür geschätzt, dass nicht kommerzielle Gesichtspunkte für den Austausch bestimmend waren, sondern das humanistische Anliegen der Völkerverständigung, die Bewahrung und Verbreitung von nationalem und Weltkulturerbe. So war das auch beim Programm zur 750-Jahr-Feier Berlins. Viele der großen Ensembles gastierten in jenem Jahr auch noch in anderen Städten der DDR. Hunderte Mitschnitte von diesen Veranstaltungen wurden in Fernsehen und Rundfunk der DDR ausgestrahlt.
Auch bei der Entsendung von DDR-Künstlern und -Ensembles ins Ausland übertraf die Agentur 1987 das Vorjahresergebnis. An die 3.000 Auslandsauftritte von Dirigenten und Konzertsolisten wurden organisiert; an die 10.000 Auftritte von Unterhaltungskünstlern. In Japan gab die Staatsoper 15 Vorstellungen. Die siebente Konzertreise des Gewandhausorchesters durch die USA war mit 34.000 Zuhörern bei 13 Konzerten sehr erfolgreich. Zeitgleich wurden in der Künstleragentur Gastspiele für 1988 vereinbart, etwa mit den New Yorker Philharmonikern oder dem London Symphony Orchestra mit Bernstein. Es waren Kulturtage Ungarns, der CSSR und Bulgariens in der DDR vorzubereiten. Allein für die 32. Berliner Festtage 1988 wurden mehr als 100 Gastspiele ausländischer Ensembles und Solisten in der DDR organisiert. Diese Zahlen mögen verdeutlichen: Auch in den Jahren um das Berliner Stadtjubiläum herum konnte sich das Angebot an ausländischen Gastauftritten in der DDR sehen lassen.
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Nachricht von Tanja an Sascha, Rückeite einer Glückwunschkarte zum Jahreswechsel, Nachrichtenbunker Vogelsang / в бункере ГСВГ Фогельзанг
Im sowjetischen Nachrichtenbunker Vogelsang fand ich 2010 diese verwitterte Neujahrskarte mit einer Nachricht von Tanja an Sascha, (Aufdruck 1988). Inzwischen sind beide Bunkereingänge verschlossen.
Übersetzung:
"Sascha! Ich gratuliere Dir zum neuen Jahr. Ich wünsche Dir alles Gute, Erfolg Dir bei Deinem nicht leichten Dienst. Tanja"
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Mit der Annexion der DDR begann ein noch heute andauernder Niedergang der kulturellen Infrastruktur
(von Hermann Falk in www.jungewelt.de/artikel/324378.wo-ist-das-alles-gebliebe...)
Trotz aller Probleme und ökonomischen Zwänge ermöglichte die DDR sämtlichen Schichten der Bevölkerung Zugang zu Kultur und Kunst. Zeugen der großzügigen Förderung waren die großen Kulturpaläste in nahezu allen Bezirksstädten. 1985 gab es mehr als 1.000 Kulturhäuser, darunter die repräsentativen der großen Kombinate wie Bitterfeld oder Leuna, der Werften in Rostock und Wismar, der Stahlwerke in Riesa und Eisenhüttenstadt, des Petrolchemisches Kombinats Schwedt usw. Bei 65.900 Veranstaltungen in diesen Häusern wurden 1985 etwa 66 Millionen Besuchern gezählt. Mancher mag heute spotten über das Ziel der DDR, eine »allseitig gebildete Nation« zu entwickeln, aber unter diesem Motto wurden breiteste Kreise der Bevölkerung an Kunst und Kultur herangeführt, bis in die kleinsten Dörfer hinein.
Vermutlich nirgendwo auf der Welt gab es auf so kleinem Territorium eine solche Vielfalt künstlerischer Ensembles, von denen einige weltweit bei Festivals auftraten. Jährlich wurden bis zu 80 Auslandstourneen mit mehr als 400 Konzerten bzw. Vorstellungen organisiert. Die DDR war ein bedeutendes Theaterland mit einer Vielzahl international anerkannter Regisseure und Ensembleleistungen. Neben einer soliden Ausbildung der Künstler war das der Entwicklung eines breit interessierten und inspirierenden Publikums zu verdanken. Wo ist das alles geblieben? Die kulturelle Infrastruktur wurde systematisch abgebaut, Kulturhäuser wurden Lagerhallen oder abgerissen wie der Palast der Republik, Orchester und Theater wurden aufgelöst oder verkleinert. Und es ist noch nicht zu Ende, wie das Beispiel der Berliner Volksbühne zeigt.
Die Künstleragentur der DDR wurde im Ausland besonders dafür geschätzt, dass nicht kommerzielle Gesichtspunkte für den Austausch bestimmend waren, sondern das humanistische Anliegen der Völkerverständigung, die Bewahrung und Verbreitung von nationalem und Weltkulturerbe. So war das auch beim Programm zur 750-Jahr-Feier Berlins. Viele der großen Ensembles gastierten in jenem Jahr auch noch in anderen Städten der DDR. Hunderte Mitschnitte von diesen Veranstaltungen wurden in Fernsehen und Rundfunk der DDR ausgestrahlt.
Auch bei der Entsendung von DDR-Künstlern und -Ensembles ins Ausland übertraf die Agentur 1987 das Vorjahresergebnis. An die 3.000 Auslandsauftritte von Dirigenten und Konzertsolisten wurden organisiert; an die 10.000 Auftritte von Unterhaltungskünstlern. In Japan gab die Staatsoper 15 Vorstellungen. Die siebente Konzertreise des Gewandhausorchesters durch die USA war mit 34.000 Zuhörern bei 13 Konzerten sehr erfolgreich. Zeitgleich wurden in der Künstleragentur Gastspiele für 1988 vereinbart, etwa mit den New Yorker Philharmonikern oder dem London Symphony Orchestra mit Bernstein. Es waren Kulturtage Ungarns, der CSSR und Bulgariens in der DDR vorzubereiten. Allein für die 32. Berliner Festtage 1988 wurden mehr als 100 Gastspiele ausländischer Ensembles und Solisten in der DDR organisiert. Diese Zahlen mögen verdeutlichen: Auch in den Jahren um das Berliner Stadtjubiläum herum konnte sich das Angebot an ausländischen Gastauftritten in der DDR sehen lassen.
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